§1 Die Regierung hat IMMER Recht.
§2 Sollten ernsthafte Gründe dagegen sprechen, tritt §1 in Kraft. 
In der Hektik des Behördenalltags nahm man sich beim Generalbundesanwalt freundlicherweise nun (22.03.2002) dennoch die Zeit, meine Strafanzeige vom 29.09.2000 zu beantworten.

Das Faksimile enthält folgende bedenkenswerte Sätze, die  etwas verkürzt und entschlackt besagen:
Die ... Frage,... eine humanitäre Intervention zu rechtfertigen, obliegt in erster Linie (der Regierung). Es kann insoweit nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft sein, ... ihre Einschätzung an die Stelle der Bewertungen und Erwägungen der zuständigen politischen Organe des Bundes zu setzen.
Insoweit ist es der Staatsanwaltschaft auch grundsätzlich verwehrt, auf  der Grundlage von isolierten Äußerungen einzelner Persönlichkeiten ... die politische Entscheidung der Bundesregierung zu hinterfragen. 
Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn - was vorliegend nicht der Fall ist - die Voraussetzungen für eine humanitäre Intervention offensichtlich und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vorgelegen haben. 

Die Argumentationsabfolge des Generalbundesanwalts ist also wie folgt:
1. Es war 1999 kein Angriff, sondern hum. Intervention. Warum? Weil es die Regierung sagt.
2. Die Regierung bewertet, rechtfertigt und handelt (schlicht: sie regiert). Ihre Entscheidungen sind vom Staatsanwalt nicht zu hinterfragen.
3. Der sogenannte begründete Anfangsverdacht, auf dessen Grundlage man beginnen könnte zu ermitteln, liegt angesichts der isolierten Äußerungen einzelner Persönlichkeiten nicht vor.
4. Gibt es auch nur irgendeinen klitzekleinen denkbaren (!) Gesichtspunkt, der einen Angriffskrieg als "humanitäre Intervention" aussehen lassen könnte, gilt 1-3.

Natürlich ist der Brief keine Antwort. Auf meine Strafanzeigen und die Ergänzung. Auf meine Fragen geht er nicht ein.

Die in der UN-Charta eindeutige Definition eines Angriffs wird ersetzt durch eine Bewertung der Regierung. Zu seiner eigenen Weisungsgebundenheit verliert der Generalbundesanwalt kein Wort. Das ist besonders pikant, weil zu den isolierten Äußerungen einzelner Persönlichkeiten mittlerweile auch seine bisherigen Chefs, die Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig und Leutheusser-Schnarrenberger sowie die zwei Bundeskanzler vor Schröder als auch Schröder selbst (bevor er zum Kanzler gewählt wurde) gehören. Alle hielten den Krieg für völkerrechtswidrig. Beim Generalbundesanwalt löst dies jedoch keinen Anfangsverdacht aus, dass der Krieg womöglich wirklich ein Angriffskrieg sein könnte. Niemals wird nach seiner Argumentation ein solcher Verdacht je begründet sein. Denn einen denkbaren Gesichtspunkt zur Rechtfertigung der eigenen Verbrechen findet eine Regierung wohl immer. Eine Regierung eines "zweiten Hitlers" wäre auf diese Weise ebenso sakrosankt - wir haben unsere Regierung nicht zu kritisieren (in Abwandlung eines Joschkaspruchs).

Der Knackpunkt bei seiner Argumentation ist folgender: ändert sich die Regierung, ändern sich die Gesichtspunkte. Und urplötzlich können die Ermittlungen gegen unsere schon in Belgrad steckbrieflich gesuchten Schröder, Fischer und Scharping beginnen.

Alles eine Machtfrage. Erschreckend - aber doch irgendwie auch tröstlich ...

Auch Frau Däubler-Gmelin wird sich vielleicht mal warm anziehen müssen.

(c)Andreas Hauß http://www.medienanalyse-international.de/index1.html