Eine Huldigung an den großen Sozialstrategen anläßlich seiner bewegenden Worte in der taz, die ausgerechnet am 1.April 2004 in die Gemeinde und demzufolge in die Herzen und unter die Fußnägel seiner Jünger drangen:
Eppler
Herr Eppler ist ein ehrenwerter Mann.
Ich weiß es nicht.
Bei zwei dieser historischen Weichenstellungen
gab und gibt der kleine Mann mit den schmalen Schultern den zerrissenen
Moderator, herzzerreißend, und den Propheten.
Was wir auch tun, den Krieg fortsetzen oder aussteigen, wir versündigen uns allemal. Da hatte er - im Prinzip - die Kirche auf seiner Seite und als letzter Redner dann auch den Parteitag. Denn die kleinen Genossen unten im Parkett wussten nicht, dass es weder ethnische Säuberungen oder Völkermord im Kosovo gab, als die NATO mit Hilfe der deutschen Luftwaffe drei Wochen zuvor loslegte. Sie kannten natürlich auch die Lagebeurteilung des Amtes für Nachrichtenwesen der Bundeswehr vom 22. März 1999 nicht: „Tendenzen zu ethnischen Säuberungen im Kosovo sind auch weiterhin nicht zu erkennen“. (Die Kirchen übrigens auch nicht. Sie wollen bis heute mehrheitlich nicht wahrhaben, dass die Zeiten der erlaubten Gutgläubigkeit vorläufig vorbei sind). Und Scharping hat ihnen nicht verraten, dass seine Greueltruppe im Ministerium besser war, als die Propagandisten des Überfalles auf den Sender Gleiwitz 1939. Und mir haben sie nicht geglaubt. Weniger Resonanz fand Eppler mit seinem Eingeständnis – am Ende eines Briefwechsels mit Egon Bahr in dem elitären Intellektuellenblatt „Vorwärts“- dass er mit seiner Fürsprache falsch gelegen hatte. Das war ein halbes Jahr später: mission accomplished, um in der dem Anlass angemessenen Sprache zu bleiben. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Am 1. April musste Eppler wieder ran. In der taz stimmte er ein herzerweichendes Klagelied gegen den Raubtierkapitalismus an. Und, obwohl nicht ordiniert, erteilte er seinen Genossen Absolution für die Grausamkeiten ihrer „Reformen“: Hilflos zappeln sie in den Fängen des Raubtiers, unfähig, auch nur eine einzige Bewegung zu machen, andernfalls droht der erzwungene Selbstmord der Sozialdemokratie, weil das Raubtier zubeißt. Das aber dürfe nicht sein, denn sie würde noch gebraucht. Und nun kommt der Prophet: Siehe, es ist Hoffnung, fern am Horizont zwar, aber dennoch. Wenn wir in Deutschland das Niveau der Elfenbeinküste erreicht haben, dann wird der Turbokapitalismus weinend zu Kreuze kriechen und um Almosen betteln. Damit die Menschen bis dahin nicht verzweifeln, sollen sie sich von der SPD die Händchen halten lassen. Deswegen darf sie sich nicht bewegen, im Maul des BDI. Vielleicht dauere es aber gar nicht so lange. Schließlich könne ja der Protest von Brasilien hierher rüberschwappen. Welch ein Visionär ! Welch ein Dulder
! Welche ein Stratege !
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Das Epplersche Gesetz auf MAI (Rezension seiner "Privatisierung der politischen Moral?“ )
und noch mehr
"Aporien" von Matthias Gockel
Essay und Diskurs im Deutschlandfunk,
17.9.06
(derzeit noch nicht transskribiert) "Was ist heute links?" fragt
Erhard Eppler und deutet schon mit dieser Fragestellung den intellektuellen
Stumpfsinn an, den er als Antwort auf die selbstgestellt Frage gibt. Haben
sie Probleme, Ihre linke und ihre rechte Hand zu definieren ? Hat sich
"heute" daran etwas geändert ? Ach - das meine er nicht, er meine
die politische Glaubenshaltung, Weltanschauung ? Ja und ? Ändert es
etwas daran, daß er die unzulängliche Gegenwart und Realität
an einem abstrakten Begriff mißt, der so wie z.B. Schönheit
im Auge des Betrachters liegt ?
Erhard Eppler, 77, die Allzweckwaffe der neoliberalen SPD: "Für mich ist entscheidend, dass die Gestaltungsmöglichkeiten für Politik durch die Globalisierung der Märkte dramatisch verringert sind. .... Bei Hartz IV lautete einer der Vorwürfe: Warum erhöht ihr nicht den Spitzensteuersatz statt der Einkommensteuer? Die Antwort wäre redlicherweise gewesen, weil das Kapital auswandern kann und die Arbeit nicht. Diese brutale Antwort gibt aber kein Politiker, und so erwartet man Dinge von ihm, der er beim besten Willen nicht leisten kann." Wir lernen: a) es gibt Politiker guten Willens. b) brutale Antworten sind geil, weil sie redlich sind c) ob sie stimmen - das ist eina andere Frage. Eppler stellt das so dar "Weil das Kapital auswandern kann". Ein Naturgesetz? Wie die Schwerkraft? Wasser fließt nach unten, und Kapital fließt ab ? Das fragt Eppler nicht. "Man kann natürlich aus der
Not der Globalisierung eine Tugend machen, und das ist das, was Frau Merkel
probiert. Sie macht zum eigenen Programm, was die Konzerne verlangen. Ob
das auf Dauer mehr Zuspruch bekommt, da habe ich meine Zweifel."
"Aber er hat nie mit der brutalen
Deutlichkeit gesagt, warum wir heute die sozialen Ungleichgewichte haben."
"...Deutschland für das 21.
Jahrhundert tauglich zu machen. Und das Seltsame ist, das dies gar nicht
schwierig wäre."
"Ich hab mir darüber auch schon
Gedanken gemacht, warum so Leute wie ich dann plötzlich auf einem
Parteitag auftauchen und Einfluss nehmen können oder müssen....
Ich frage mich, warum haben wir das nötig? Das war früher ja
auch nicht so.... Wegen meiner Vergangenheit in der Friedensbewegung hat
mein Wort an diesem Punkt besonders gewirkt ."
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