1. Wie viele Flüge werden nach Kenntnis der Bundesregierung
durchschnittlich pro Tag (bitte spezifizieren nach Versorgungsflugzeugen
und Kampfflugzeugen) vom „Rückgrat der Logistik der amerikanischen
Streitkräfte“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. März 2003),
dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein, sowie vom US-Flugplatz Spangdahlem
von der US-Luftwaffe seit dem 5. August 2002 durchgeführt?
"Von deutschen militärischen Stellen werden keine Erhebungen
über den täglichen US- Flugverkehr von den US-Luftwaffenstützpunkten
Ramstein und Spangdahlem durchgeführt. Aus diesem Grund liegen dem
Bundesministerium der Verteidigung keine entsprenden Informationen vor."
Antwort von Kolbow, 11.4.03 |
Die Frage lautete nicht: "Warum wißt ihr nichts?" Sondern
sachlich "wie viele?".
Wenn sie es nicht wissen, können sie sich das Wissen
beschaffen, indem sie bei der Flugsicherungszentrale in Langen anfragen
und dann diese Daten gegenchecken zu den Angaben, die die Amis in Ramstein
geben müssen. Ramstein ist kein rechtsfreier Raum oder exterritorial
oder US-Bundesstaat. |
2. Welche konkreten Bündnisverpflichtungen (bitte Gesetz oder
Vertrag mit präziser Angabe der betreffenden Paragrafen/Punkte) hindern
die Bundesregierung daran – so wie z. B. 1973 im Falle des israelisch-arabischen
Konflikts oder 1986 bei der Bombardierung libyscher Anlagen – das souveräne
Recht zum Verbot einer Nutzung von US-Einrichtungen auf deutschem
Boden für amerikanische Kriegsvorbereitungen/Kriegshandlungen gegen
den Irak wahrzunehmen, und wie lässt es sich mit dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag,
nach dem von deutschem Boden nur Frieden ausgehen soll, und dem Verbot
der Vorbereitung eines bzw. der Beteiligung an einem Angriffskrieg nach
den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, der Charta der Vereinten
Nationen (VN) und nach Artikel 26 Grundgesetz (vgl. Randelzhofer, in: Simma
(Hrsg.), Charta der Vereinten Nationen, Artikel 51 Rn. 28) vereinbaren,
dass statt dessen ohne Bedingungen die „Bewegungsfreiheit unserer Freunde“
(Bundeskanzler Gerhard Schröder beim NATO-Gipfel in Prag am 22. November
2002) zugesagt wurde?
Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium
der Verteidigung Walter Kolbow vom 11. April 2003:
Der Bundeskanzler hat bereits am 27. November 2002 den Bündnispartnern
gegenüber diejenigen Maßnahmen konkretisiert, zu denen die Bundesregierung
im Einklang mit der Prager Gipfelerklärung der Staats- und Regierungschefs
der NATO-Mitgliedstaaten zum Irak vom 21. November 2002 bereit ist. Diese
Bereitschaft ist im Deutschen Bundestag am 19. März 2003 nochmals
bekräftigt worden.
Das Recht zur Stationierung amerikanischer, britischer, französischer
und weiterer alliierter Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland
ergibt sich aus dem Vertrag über den Aufenthalt ausländischer
Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Oktober 1954
(Aufenthaltsvertrag - Bundesgesetzblatt 1955 II 253). Deutschland hat diesen
Staaten seine völkerrechtliche Zustimmung zu den Stationierungen in
dieser Vereinbarung erteilt. Der Aufenthaltsvertrag ist am 25. September
1990 im Zuge der Herstellung der deutschen Einheit ausdrücklich durch
einen Notenwechsel mit den ständigen Stationierungsstaaten bestätigt
worden (Bundesgesetzblatt 1990 II 1390).
Die Rechtsstellung der Stationierungskräfte in Deutschland ist
geregelt im Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über
die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut) vom 19. Juni 1951
(Bundesgesetzblatt 1961 II 1190) und in dem Zusatzabkommen zu dem Abkommen
zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung
ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten
ausländischen Truppen (Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut) in der
Fassung vom 18. März 1993 (Bundesgesetzblatt 1994 II 2594). |
|
3. Welche Interessen (außer der Erhaltung des Friedens und
des Gleichgewichts) leiten die Bundesregierung im Raum Nah- und Mittelost
mittelfristig (innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre), insbesondere
in den Bereichen Energiepolitik und allgemeine Wirtschaftspolitik, sowie
geostrategisch und militärpolitisch?
4. Ist die Bundesregierung bereit, nachdem der VN-Sicherheitsrat
die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen
Sicherheit im Irakkontext nicht wahrnimmt, unverzüglich die Initiative
zu ergreifen, dass die Generalversammlung nach Artikel 20 der Charta der
VN die Lösung des Konflikts an sich zieht, bis der VN-Sicherheitsrat
wieder handlungsfähig ist, mit dem Ziel, bei einer klaren Verurteilung
der Vorgehensweise der „Koalition der Willigen“ die Rückkehr zu den
in der Charta der VN vorgesehenen Mechanismen der Streitbeilegung zu ermöglichen?
http://dip.bundestag.de/btp/15/15036.pdf
Fragestunde
– Drucksache 15//724 –
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung.Zur Beantwortung der
Fragen steht uns der Parlamentarische Staatssekretär
Hans Georg Wagner zur Verfügung.
Wir kommen zur Frage 1 der Kollegin Dr.Gesine Lötzsch:
Nehmen die zum Schutz von US-Militärliegenschaften in
Deutschland eingesetzten Soldaten ihre Aufgaben,nachdem
die USA den Krieg gegen den Irak begonnen haben,nach
Auffassung der Bundesregierung analog der Polizei wahr oder
sind sie in der Rolle militärischer Sicherer und Verteidiger?
Hans Georg Wagner,Parl.Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung:
Ich beantworte die Frage wie folgt:Die Bundeswehr-
soldaten nehmen die Wach-und Sicherheitsaufgaben
nach dem Gesetz über die Anwendung unmittelbaren
Zwanges durch die Bundeswehr wahr.
Deutscher Bundestag – 15..Wahlperiode – 36..Sitzung.
Berlin,Mittwoch,den 2.April 2003 2943
(A)(C)
(B)(D)
Vizepräsident Dr.Hermann Otto Solms:
Frau Lötzsch,Zusatzfrage.
Dr.Gesine Lötzsch (fraktionslos):
Vielen Dank,Herr Präsident.– Ich würde gerne wis--
sen,ob der Bundesregierung bekannt ist,was in den von
der Bundeswehr bewachten US-Einrichtungen vorgeht,
welche Handlungen dort vollzogen werden und ob von
dort aus kriegsunterstützende Handlungen gegen den
Irak durchgeführt werden.
Hans Georg Wagner,Parl.Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung:
Frau Kollegin,ich kann Ihnen von meinem Besuch in
Ramstein berichten,bei dem ich feststellen konnte,dass
die dort von der Bundeswehr durchgeführte Bewachung
der Sicherheit der Baumaschinen und Baufirmen dient.
Dort sind intensive Ausbaumaßnahmen im Gange,die
zurzeit der Bewachung unterliegen.Sonstige Aktivitäten
habe ich dort nicht feststellen können.
Vizepräsident Dr.Hermann Otto Solms:
Weitere Zusatzfrage?
Dr.Gesine Lötzsch (fraktionslos):
Aus der Beantwortung meiner Frage ergibt sich eine
weitere Zusatzfrage.Herr Staatssekretär,Sie haben in
Ramstein eigene Beobachtungen angestellt.Haben Sie
sich einen systematischen Überblick über die Vorgänge
in Ramstein verschafft oder gibt es eine entsprechende
systematische Unterrichtung der Bundesregierung durch
US-amerikanische Behörden nicht?
Hans Georg Wagner,Parl.Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung:
Sie wissen,dass wir nach dem Gesetz über die An-
wendung unmittelbaren Zwanges durch die Bundeswehr
auch bei möglichen Straftaten gegen die Bundeswehr tä-
tig werden müssen.Das gilt auch bei Straftaten gegen
Angehörige der verbündeten Streitkräfte bzw.gegen
mi-
litärische Anlagen und Einrichtungen der verbündeten
Streitkräfte.Diese sind nach dem Wortlaut des Gesetzes
Straftaten gegenüber der Bundeswehr gleichzusetzen.
Dieser Verpflichtung kommen wir nach.
Soweit der Staatssekretär, wohl wissend, dass
die Abgeordnete kaum gerade den Gesetzestext parat hat. Recht ist er dokumentiert: |
Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges
und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr
und verbündeter Streitkräfte
sowie zivile Wachpersonen (UZwGBw)
Vom 12. August 1965 (BGBl. I S. 796 - zuletzt geändert
durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. September 1998 (BGBl. II S. 2405))
1. Abschnitt Allgemeine Vorschriften
§ 3 Straftaten gegen die Bundeswehr
(1) Straftaten gegen die Bundeswehr
im Sinne dieses Gesetzes sind Straftaten gegen
1. Angehörige der Bundeswehr, zivile Wachpersonen
oder Angehörige der verbündeten Streitkräfte
a) während der rechtmäßigen Ausübung
ihres Dienstes, wenn die Handlungen die Ausübung
des Dienstes stören oder tätliche Angriffe sind,
b) während ihres Aufenthalts in militärischen
Bereichen oder Sicherheitsbereichen (§ 2), wenn
die Handlungen tätliche Angriffe sind,
Seit wann sind die Logistik, Nachschub usw. bei einem völkerrechtswidrigen
Angriffskrieg rechtmäßig? |
Vizepräsident Dr.Hermann Otto Solms:
Damit kommen wir zur Frage 2 der Kollegin
Dr.Gesine Lötzsch:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Verstärkung der in
Kuwait eingesetzten ABC-Abwehreinheiten der Bundeswehr
als Ersatz für die tschechischen ABC-Abwehreinheiten,die
die Kampfkraft der amerikanischen und britischen Angreifer
erhöhen,in verfassungsrechtlicher Hinsicht vor dem Hinter-
grund des Mandats des Deutschen Bundestages im Rahmen
der Antiterroroperation Enduring Freedom und sieht die Bun-
desregierung den nunmehrigen Einsatz der tschechischen
Kräfte und ihre Ersetzung durch deutsche als Teil des Kamp-
fes gegen den Terrorismus?
Hans Georg Wagner,Parl.Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung:
Die Operation Enduring Freedom und das militäri-
sche Vorgehen der Koalition gegen den Irak sind zwei
getrennte militärische Operationen.Deutschland betei-
ligt sich nicht am militärischen Vorgehen gegen den Irak.
Dies gilt selbstverständlich auch für die deutschen
Sol-
daten und Fuchs-Spürpanzer in Kuwait.
Das deutsche ABC-Abwehrkontingent in Kuwait
kommt auch nach der Verstärkung nur im Rahmen der
Operation Enduring Freedom zum Einsatz.Es ist hierbei
Teil des bewaffneten Einsatzes deutscher Streitkräfte bei
der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terro-
ristische Angriffe gegen die USA auf der Grundlage des
Art.51 der Charta der Vereinten Nationen und des Art.5
Nordatlantikvertrages sowie der Resolutionen 1368 und
1373 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.
Diesem Einsatz hat der Deutsche Bundestag bekannt-
lich ausdrücklich zugestimmt.Auch die erfolgte Verstär-
kung bewegt sich im Rahmen des vom Bundestag bewil-
ligten Kräftedispositivs.
Die deutschen ABC-Abwehrkräfte sind nicht als Er-
satz für tschechische ABC-Einheiten verstärkt worden,
sondern sie haben die Verstärkung erfahren,um nach
Beginn des Irakkrieges die volle Einsatzbereitschaft ent-
falten und alle sechs Spürpanzer dann in Einsatz bringen
zu können,wenn terroristische Angriffe vonseiten des
Irak auf die Bevölkerung oder auf Kuwait generell statt-
finden.
Vizepräsident Dr.Hermann Otto Solms:
Zusatzfrage,Frau Lötzsch?– Bitte..
Dr.Gesine Lötzsch (fraktionslos):
Vielen Dank,Herr Präsident.– Wie wir uns alle erin--
nern,hat der damalige und jetzige Verteidigungsminis-
ter,Herr Peter Struck,im August vergangenen Jahres
verkündet – er hat dies als Position der Bundesregierung
dargestellt –,dass bei einem eventuellen Krieg gegen
den Irak die Bundesregierung entscheiden werde,die
deutschen ABC-Spürpanzer aus Kuwait zurückzuziehen.
Auf welcher Grundlage und mit welcher Begründung ist
diese Position der Regierung geändert worden?
Hans Georg Wagner,Parl.Staatssekretär beim
Bundesminister der Verteidigung:
Die Position ist nicht geändert worden.Es gilt aus-
drücklich der damalige Beschluss des Deutschen Bun-
destages,an der Aktion Enduring Freedom teilzuneh-
men.Das tut die Bundeswehr in Kuwait.
Vizepräsident Dr.Hermann Otto Solms:
Danke schön,Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Gesundheit und Soziale Sicherung.Zur
Beantwortung der ....
Fragen für Fragestunde am 2. 4. 03
1. Nehmen die zum Schutz von US-Militärliegenschaften in Deutschland
eingesetzten Soldaten ihre Aufgaben, nachdem die USA den Krieg gegen den
Irak begonnen haben, nach Auffassung der Bundesregierung analog der Polizei
wahr, oder sind sie in der Rolle militärischer Sicherer und Verteidiger?
2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Verstärkung der in
Kuwait eingesetzten ABC-Abwehreinheiten der Bundeswehr als Ersatz für
die tschechischen ABC-Abwehreinheiten, die die Kampfkraft der amerikanischen
und britischen Angreifer erhöhen, in verfassungsrechtlicher Hinsicht
vor dem Hintergrund des Mandats des Deutschen Bundestages im Rahmen der
Antiterroroperation "Enduring Freedom", und sieht die Bundesregierung den
nunmehrigen Einsatz der tschechischen Kräfte und ihre Ersetzung durch
deutsche als Teil des Kampfes gegen den Terrorismus? |