Herrn Erlers Irak-Bilanz
Links O-Ton Erler, ungekürzt, rechts Kommentar 
Nach dem Krieg ist weiter Krieg. Eine Bilanz des Irak-Krieges ein Jahr danach von Gernot Erler Eintrag vom 19.03.2004 

Zum Jahrestag des Beginns des Irak-Krieges erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, MdB:


Die Zwischenbilanz des am 20. März 2003 begonnenen Irak-Krieges lässt sich in den folgenden sechs Punkten zusammenfassen:

Legitimation: 
Es gibt sie heute weniger als vor einem Jahr. Die angeblich sicheren Erkenntnisse über Saddams Atomwaffen haben sich in Luft aufgelöst. Immer mehr am Irak-Krieg beteiligte Staaten fühlen sich getäuscht oder gar betrogen.

 

Die Bundesregierung beteiligt sich auch weiter an dem Krieg am Krieg gegen den Irak. Eine kurze Intervention gegen Demagogie aus dem rotzgrünen Kriegshetzer-Lager
von Andreas Hauß, 25.3.2004

Legitimation:
Es gab sie vor einem Jahr nicht und auch nicht heute. Atomwaffen Saddams wären auch bei ihrem Vorhandensein keine Legitimation gewesen. Pakistan, Israel, Indien, China usw. werden ja auch nicht wegen ihrer Atomwaffen angegriffen.

Staaten "fühlen" nicht. Ihre Regierungen besitzen Wissen und Erkenntnisse a) um das Völkerrecht, das Angriffskriege verbietet und b) über das Nichtvorhandensein von A-Waffen im Irak


Bush-Doktrin: 
Sie liegt am Boden. Der Anspruch Amerikas, in “Schurkenstaaten“, die sich westlichen Interessen verweigern und sich gefährliche Waffen beschaffen wollen, notfalls mit militärischen Mitteln einen Regimewechsel herbeiführen zu dürfen, zerschellt an den real existierenden Erfahrungen mit dieser Doktrin im Irak. Dieses Scheitern öffnet Raum für andere, etwa von Europa zu konzipierende Konfliktlösungsstrategien.
 

 

Bush-Doktrin: 
Der Anspruch zerschellt durchaus nicht an den Erfahrungen, sondern besteht fort. Das letzte Kissinger-Papier im Council of Foreign Relations z.B. unterstreicht den Anspruch.
Die realen Erfahrungen besagen nichts weiter als daß er schwerer durchzusetzen ist als geplant. Bevor sich dies klar darstellte, hatten die Europäer die Hosen gestrichen voll vor einem rundum siegreichen Unilateralismus der USA. Der Raum für Konfliktlösungsstrategien ist Europa immer gegeben - u.a. in einem deutlich vernehmbaren Bestreiten des Anspruchs der Bushisten, "Regimewechsel herbeiführen zu dürfen". Dies war bisher und bis heute nicht deutlich vernehmbar.
Rolle VN: 
Bushs Irak-Krieg-Entscheidung schob die Vereinten Nationen brutal auf die Seite. Ein Jahr danach wächst das Drängen auf eine neue Rolle der VN, auch im Irak. Heute wissen wir: Die Arbeit von Blix und El Baradei ist nicht gescheitert. Die Inspektoren von UNSCOM und UNMOVIC hatten Saddams Programme tatsächlich unter Kontrolle – auf dem Holzweg waren CIA und britischer Geheimdienst. Das Mittel Waffeninspektoren der Vereinten Nationen ist nicht stumpf, es bietet sich weiter an für die Kontrolle in Problemstaaten.
Rolle VN: 
"brutal", "Holzweg"?
Populistische Wortwahl zur Verdeckung des Fakts, der im Volksmund "LÜGE" genannt wird.

Verdeckt wird zudem, daß es auch einen deutschen Auslandsgeheimdienst BND gibt - dessen Erkenntnisse der deutschen Regierung vorliegen.

Und daß die UNO-Institutionen recht effektiv sind, ist vieltausendfach bewiesen. Gegenteililge Aussagen bzgl. des Iraks waren schlichte Lügen. Erler verbreitet Binsenweisheiten als "neue" Erkenntnisse.

Die Lage im Irak: 
Nach dem Krieg ist weiter Krieg. Die Schreckensherrschaft von Saddam ist vorbei, aber nicht der Schrecken. Er kommt jetzt aus täglichen Attentaten, aus den ungelösten ethnischen und religiösen Konflikten und der Mühsal des “Nation Building“. Eine Erfahrung von Bosnien-Herzegowina, über Kosovo bis Afghanistan setzt sich fort: Militärische Interventionen zur Veränderung von Gesellschaften führen zu langfristigen Verpflichtungen, sie binden enorme Kräfte und sie produzieren astronomische Kosten. Diese Erfahrungen stützen die Grenzsetzung des Völkerrechts, das eine militärische Intervention nur zur Abwehr einer anders nicht abzuwehrenden unmittelbaren Gefahr zulässt. Der Fall Irak ist auf dem Weg, die materiell und politisch kostspieligste Verletzung dieser Regel zu werden, die es je gab.
Die Lage im Irak: 
Eine Erfahrung von Bosnien-Herzegowina, über Kosovo bis Afghanistan lautet ganz anders: das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, wie es Bestandteil der VN-Charta ist, war und ist weise, bleibt gültig und ist weiter Ziel aller friedliebenden Menschen. Die enormen gebundenen Kräfte bestehen aus Steuergeldern zur Aufrüstung der Kriegsparteien sowie der eigenen "Interventionskräfte" und weiteren Steuergeldern, um den Schutt zur Seite zu räumen. Langfristige Verpflichtungen werden ganz kurzfristig fallen gelassen, wenn der geostrategische Profit nicht erzielt wird. Die Grenzsetzung des Völkerrechts ist noch enger als hier beiläufig beschrieben. (z.B. SR-Entscheid). Es ist von schwerem Irrsinn getragen, von Mal zu Mal wieder (nach dem Krieg) zu lamentieren, man hätte ihn besser lassen sollen. Erfahrungen, die Grenzsetzungen stützen, bedeuten im Klartext: die Grenze wurde erst überschritten, "um die Erfahrung zu machen". Aber den einfachen Satz: "der Irakkrieg war ein volkerrechtwidriger Angriffskrieg" - diesen Satz bringt Erler nicht über die Lippen. Nur, daß er "blöde" war. Infantiles Gejammere.
Kampf gegen den global agierenden Terrorismus: 
Der Irak-Krieg hat nicht den Terrorismus, sondern die weltweite politische Koalition gegen die Terrornetzwerke geschwächt. Ein Jahr nach Kriegsbeginn ist die Spaltung in Befürworter und Gegner der Intervention noch immer nicht endgültig überwunden. Das Legitimationsdefizit beschäftigt die Gesellschaften Amerikas und der “Coalition of the Willing“. Im Irak, vor dem Krieg ein Null-Aktionsfeld für Al Qaida, finden die Terror-Aktivisten heute verwundbare Ziele und neue Rekrutierungschancen. Die dort gebundenen Kräfte und Mittel fehlen anderswo für eine wirksame weltweite Antiterrorstrategie.
global agierender Terrorismus:
was ist denn das für ein Tier? Bisher bestehen die "Terrornetzwerke" aus schlichter Behauptung der Bush-Regierung. Ein Zusammenhang mit dem Irak - so er durch die Bushisten versucht wurde anzudeuten - ist durch NULL Fakten gestützt. Selbst die Aktivitäten im Irak sind örtlich auf den Irak begrenzt, ein grausamer Guerillakrieg, dessen internationale Einbindung völlig unbewiesen ist.
Die deutsche Haltung: 
Sie wurde bestätigt. Das Nein zum Irak-Krieg folgte Prinzipien, alle Erfahrungen des letzten Jahres haben diese bestätigt. Deutschland stellt sich der internationalen Verantwortung, vor allem in Afghanistan, wo es tatsächlich von Anfang an um den Kampf gegen den Terrorismus ging. Im Rahmen des mühseligen Nation-Building-Prozesses im Irak, der noch ganz am Anfang steht, bestehen Deutschlands Beiträge im nichtmilitärischen Bereich, die ebenso Anerkennung finden wie das umfangreiche Afghanistan-Engagement. Aus Deutschland kommen neue Impulse für ein politisches Gesamtkonzept für den Frieden im Großraum Nahost. Ein Jahr nach dem Beginn des Irak-Krieges gibt es keinen einzigen Grund, an dieser politischen Linie etwas zu ändern.
Die deutsche Haltung: HA! Das Gewürge soll eine Haltung sein?
"Das Nein zum Irak-Krieg folgte Prinzipien" - ja welchen denn? Etwa denen des Völkerrechts?
Deutschlands internationale Verantwortung als VN und (nichtständiges) SR-Mitglied - etwa sichtbar in der Verweigerung der Überflugrechte? In einem Startverbot in Ramstein? In Boycott der AWACS-Einsätze? Im Rückzug der Spürpanzer? Einzig Bodentruppen wurden nicht gestellt - ein zu vernachlässigender Faktor. Nur daraus und aus viel PR bei einer gewonnenen Bundestagswahl bestand das "Nein".

Afghanistan, wo es tatsächlich von Anfang an um den Kampf gegen den Terrorismus ging? Beweise sind wo auffindbar? In Guantanamo?

Zur politischen Entwicklung seit dem 20.3.2003 im Einzelnen: 
Vor genau einem Jahr begann der Irak-Krieg. Monatelang hatte die Weltgemeinschaft darum gerungen, den Einsatz militärischer Gewalt im Irak doch noch zu verhindern. Am Ende siegten die Waffen. Der Frieden war damit jedoch nicht gewonnen.

Es waren im Wesentlichen drei Argumente, mit denen die USA die Notwendigkeit des Krieges versuchten, zu legitimieren, nachdem alle Versuche, ein völkerrechtlich verbindliches VN-Mandat zu erhalten, fehlgeschlagen waren:

1. Der Irak befände sich im Besitz von Massenvernichtungswaffen und sei zu einer internationalen Kooperation, die eine überprüfbare Abrüstung dieser Waffen ermögliche, nicht wirklich bereit. Damit stelle das Land eine unmittelbare Bedrohung für die gesamte Region und darüber hinaus dar, die ein entschlossenes Handeln erforderlich mache.

Was macht Erler hier ?
Er referiert "Argumente", "Versuche", etwas zu legitimieren
"nachdem alle Versuche, ein völkerrechtlich verbindliches VN-Mandat zu erhalten, fehlgeschlagen waren"

Klartext: ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg sollte durchgezogen werden obwohl "die Weltgemeinschaft darum gerungen (hatte), den Einsatz militärischer Gewalt im Irak doch noch zu verhindern".

Weshalb referiert Erler denn jetzt noch Rechtfertigungsversuche der Mörder und Verbrecher?
Zu 1. hat er (s.o.) schon gesagt, daß die Wahrheit war: "Die Inspektoren von UNSCOM und UNMOVIC hatten Saddams Programme tatsächlich unter Kontrolle"

2. Das Regime Saddam Husseins sei so menschenverachtend und verabscheuungswürdig, dass bereits der „regime change“ ein ausreichender Grund für einen Krieg darstelle, auch wenn dies nicht explizit durch das Völkerrecht gedeckt sei. Eine Beseitigung des Saddam-Regimes und die Einführung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit werde eine Sogwirkung auf die Staaten in der Region des Nahen und Mittleren Ostens haben und damit einen demokratischen Domino-Effekt auslösen, der die regionale Sicherheit (auch im Hinblick auf Israel) spürbar verbessern werde. "regime change“ - nicht explizit durch das Völkerrecht gedeckt

Schön formuliert. Die Wahrheit ist: VERBOTEN.
"ein ausreichender Grund für einen Krieg" oder "kein ausreichender Grund für einen Krieg" -
wem soll er denn AUSREICHEN?

Erler referiert, bildlich gesprochen, die Begründungen der AlCapones, weshalb sie jetzt gerne Schutzgeld ausbezahlt bekommen möchten: "Sehen Sie meine Waffe? Die Kasse her - das ist auch besser für Sie, für uns, für die Nachbarn"

3. Der Sturz Saddam Husseins sei zugleich ein wertvoller Beitrag im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Obwohl es zu keinem Zeitpunkt einen ernstzunehmenden Hinweis für eine Kooperation des Bagdader Diktators mit dem Terrornetzwerk Al Qaida gab, wurde der Weltöffentlichkeit genau dieser Eindruck vermittelt.  Genau dieser Eindruck - trat Erler etwa genau diesem Eindruck entgegen? Sagte er je "das sind Lügen, nicht ernstzunehmen, wir verurteilen Ihren Krieg, er ist völkerrechtswidrig, Ihre "Eindrücke" verfangen nicht?" 
Zunächst schien die Rechnung aufzugehen. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten setzte sich die gewaltige militär-technologische Überlegenheit der USA in wenigen Wochen durch. Die Durchhalteparolen der irakischen Propagandamaschinerie verstummten. Saddam Hussein und sein Regime haben sich quasi über Nacht in Luft aufgelöst. Das alte Regime hatte gegen die gigantische Übermacht der Vereinigten Staaten zu keinem Zeitpunkt eine wirkliche Chance. Zunächst schien die Rechnung aufzugehen.

WELCHE RECHNUNG?
Man sehe sich die drei Punkte zuvor an: wird da eine Rechnung aufgemacht?

Unwillkürlich bejaht Erler damit das Machtspiel: man setze die Überlegenheit durch - und die übelsten Lügen und Verbrechen von 1.-3. erhalten eine nachträgliche Rechtfertigung. Das Recht aus den Pistolenläufen.

Die Menschen im Irak feierten ihre Befreiung von einem brutalen Diktator und die Welt atmete auf, dass ein langanhaltender, zermürbender Krieg vermieden worden war. Die Strategie der USA schien aufzugehen.

Heute wissen wir, dass diese Theorie buchstäblich auf Sand gebaut war. Bereits nach wenigen Wochen war die Zahl der US-Soldaten, die nach offizieller Beendigung der Kampfhandlungen am 1. Mai 2003 getötet wurden, höher, als die Zahl derjenigen Soldaten, die im Gefecht während der rund fünfwöchigen Kampfhandlungen ihr Leben ließen.

Die Menschen im Irak feierten zunächst einmal ihr Überleben. Die Toten und z.B. Ali ohne Beine und Arme hatten da etwas Schwieri´gkeiten zu feiern.

Die Welt atmete auf? Die Kurse stiegen wieder - so war es.

Soldaten können sterben. Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt auch nicht so leicht um. Erler jammert um Leute, die ein anderes Land überfielen und Bomben warfen.

Von Normalität und Stabilität ist das Land leider entfernter denn je. Seit dem Beginn der Besatzungszeit erschüttern nahezu täglich immer neue Anschläge das tägliche Leben im Irak. Richteten sich die Angriffe anfangs in erster Linie gegen die amerikanischen Besatzer, so müssen wir heute feststellen, dass sich die Attentate immer stärker gegen Iraker richten, die mit den Besatzungsmächten zusammenarbeiten. 

Erstes prominentes Opfer war der VN-Gesandte Sergio Vieira de Mello, als im August 2003 das VN-Hauptquartier in Bagdad in die Luft gesprengt wurde. Vor wenigen Tagen erst war das erste deutsche Opfer zu beklagen – ein Ingenieur, der dem Land beim Wiederaufbau behilflich sein wollte.

Aber auch Iraker selbst leiden unter dem täglichen Terror. Bilder von Anschlägen auf Pilgerprozessionen mit Dutzenden von Toten sind für uns schon fast zur traurigen Gewohnheit geworden. Die Urheber dieser Verbrechen handeln nach dem Kalkül einer größtmöglichen Destabilisierung des Irak mit dem Ziel der völligen Zermürbung aller am Wiederaufbau interessierten Kräfte. 

"das tägliche Leben im Irak" - das sah von Jahr zu Jahr anders aus. Was weiß Erler davon? Ist es sien Sache? Die Resistrance, die Partisanen, die Vietminh - haben die immer schön bei ihren Bomben und Granaten unterschieden, wen sie trafen? Erler fordert von den Überfallenen mehr Humanität als von den Streubomben-Amis.

"Aber auch Iraker selbst leiden unter dem täglichen Terror." Ja, Krieg ist Terror. Irgendetwas Neues dabei?

"größtmöglichen Destabilisierung" - klar doch. WAS DENN SONST?

"Wiederaufbau" - Erler vergißt zu erwähnen, daß es sich um ein Geschäft handelt. 

Der Irak hat sich zum Tummelplatz international operierender Terrornetzwerke entwickelt. Die Handlanger des Schreckens können nahezu ungestört operieren. Die Unsicherheit wächst, anstatt abzunehmen. Jüngste Umfragen unter der irakischen Bevölkerung belegen, dass das Vertrauen in ein demokratisches System rapide zurückgegangen ist. Die Mehrheit der Iraker wünscht sich heute wieder einen „starken Führer“, der ihnen zwar keine Freiheit, aber wenigstens Sicherheit garantieren könnte.

Die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung, die längst nicht nur die Anhänger des alten Regimes erfasst hat, in Verbindung mit dem Machtanspruch der schiitischen Bevölkerungsmehrheit, ist ein Pulverfass, das sich jederzeit in einer gewaltigen Explosion entladen kann. Auch die Verabschiedung der irakischen Übergangsverfassung kann über die Instabilität im Kräftedreieck Schiiten – Sunniten – Kurden nicht hinweg täuschen. Schon ein kleiner Funke kann die Spannungen zwischen diesen drei Bevölkerungsgruppen entfachen und zu einem Flächenbrand werden lassen.

"Der Irak hat sich zum Tummelplatz international operierender Terrornetzwerke entwickelt. Die Handlanger des Schreckens können nahezu ungestört operieren."

Gesetzt den Fall, das mit dem "internationalen" wäre der Fall - es ist hier auch egal - WER trägt die Verantwortung? faktisch, logisch und nach dem Völkerrecht hat die Besatzungsmacht die Verantwortung dafür, wer da "ungestört operieren" kann. Anstatt die zwei einzige Optionen zu nennen:
a) soviel Polizisten einsetzen, bis da niemand mehr "ungestört operieren" kann oder 
b) abziehen. Nach Hause gehen.

referiert Erler den Wunsch nach einem "starken Führer". Plötzlich werden "Wünsche" der Irakis thematisiert, incl. so absurde wie "Machtanspruch der schiitischen Bevölkerungsmehrheit". Gottchen, die wollen einen Ersatz-Saddam oder Demokratie!

Sollte es wirklich Absicht der USA gewesen sein, dem Nahen und Mittleren Osten auf diesem Wege zur Demokratie zu verhelfen, muss man feststellen, dass sie der Demokratie damit einen Bärendienst erwiesen haben. Als Leuchtturmprojekt für Demokratie und Wohlstand im Nahen und Mittleren Osten scheidet der Irak jedenfalls aus. 

Doch auch auf den beiden anderen Gebieten ist die Bilanz ernüchternd: 

• Bis zum heutigen Tage wurde im Irak keine einzige Massenvernichtungswaffe gefunden. Selbst amerikanische Experten gehen mittlerweile davon aus, dass auch keine mehr gefunden werden. Die angeblichen Beweise, die die Nachrichtendienste der USA und Großbritanniens der Weltöffentlichkeit im Vorfeld des Irak-Krieges präsentierten, haben sich längst als Manipulationen herausgestellt.

• Als Beitrag im Kampf gegen den internationalen Terrorismus war der Irak-Krieg komplett verfehlt. Die Anschläge von Istanbul und Madrid haben auf dramatische Weise die Handlungsfähigkeit des internationalen Terrorismus unter Beweis gestellt. Der Irak-Krieg hat den internationalen Terrorismus nicht geschwächt, sondern ihm neuen Zulauf verschafft.

"Sollte es gewesen sein" - eben zuvor noch hatte Erler unter Punkt 2. "Einführung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit" als Vehikel zur Rechtfertigung von etwas, was nicht zu rechtfertigen ist, dargestellt!

Und nun wieder das Lamento
1. keine Massenvernichtungswaffe. das wußten wir doch schon vor dem Krieg und jetzt auch das dritte Mal in diesem Artikel. Schade, Herr Erler: wenn man Verbrecher als Freunde hat und die Maske ist weg. Futsch. "Ernüchternd"!!!

Und Lamento 2: "Verfehlt!"

Den oben noch gepriesenen Einsatz der Bundis in Afghanistan, streng antiterroristisch, stellen wir aber nicht in Frage - der ist nicht "verfehlt".

Istanbul und Madrid geschahen wegen Irak. Klar doch. Nicht wegen Afghanistan. Denn da haben wir Bodentruppen, und die sind gut, was auch die Al Qaida zu schätzen weiß. Weil der Deutsche so schön die blühenden Opiumlandschaften bewacht.

(In diesem Moment ärgert sich der Autor dieses Kommentars, dass er sich mit solche einem Scheiß und Schwachsinn eines ehrenwerten MdB auch nur eine Minute befaßt ....Aber jetzt kurz vor dem Textende ziehe ich`s noch durch.)

Dies ist die traurige und ernüchternde Bilanz, die wir ein Jahr nach Beginn des Krieges ziehen müssen.

Strategien gegen die Resignation

Es ist und war richtig, dass die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder dafür gesorgt hat, dass Deutschland sich nicht an diesem Krieg beteiligt hat. Dennoch wäre es verfehlt, so zu tun, als ginge einen die weitere Entwicklung im Irak nichts an.

Doch genauso, wie die Staaten, die diesen Krieg geführt haben, hat auch Deutschland ein Interesse an einer Stabilisierung des Iraks. Auch wenn die Aussichten darauf im Moment sehr gering sind, dürfen wir nicht tatenlos zusehen und abwarten, was passiert. 

Vorrangiges Ziel ist die baldmöglichste Übertragung der Souveränität auf eine legitimierte Übergangsregierung. Ein neues VN-Mandat muss diesen Prozess völkerrechtlich absichern. Nur dann kann es gelingen, die Mehrheit der Iraker dafür zu gewinnen, ihre Kraft in den Wiederaufbau und die Stabilisierung zu investieren und damit den Terroristen auf Dauer das Leben schwer zu machen. Doch geben wir uns keinen Illusionen hin: Dies wird noch ein langer und schmerzhafter Prozess sein, in dem noch viele unschuldige Menschen ihr Leben verlieren werden.

Trauer muß der Erler tragen

"dass Deutschland sich nicht an diesem Krieg beteiligt hat" - eine glatte Lüge - siehe oben. Laut Völkerrecht ist ein Land, das sein territorium einem Drittland zum Angriff zur Verfügung stellt, dem Angreifer gleichzustellen.
Oder glauben Sie, lieber Leser, Sie blieben von der Justiz unbehelligt, wenn Terroristen mit Ihrem Einverständnis aus Ihrem Fenster auf die Straße schießen?

Sie sind - juristisch korrekt: mutmaßlicher - Mittäter, Herr Schröder. $80 StGB - lebenslang. Wieder einmal.

"dürfen wir nicht tatenlos zusehen und abwarten" - die Formel kennen wir von der "humanitären Katastrophe" im Kosovo. Danach Beteiligung am Krieg.

"Vorrangiges Ziel ist die baldmöglichste Übertragung der Souveränität auf eine legitimierte Übergangsregierung."

Wessen Ziel?
baldmöglichst - wer bestimmt die Möglichkeiten? Mit welchem Recht?
"legitimierte" - wie denn, wenn die "Mehrheit" -s.o.- schon mal nicht zählt?

Schwammiges Gefasel um den heißen Brei.

Deutschland wird sich an der Stabilisierung des Irak beteiligen. Bereits heute bilden wir gemeinsam mit Japan irakische Polizisten aus, die im Land dringend benötigt werden. 

Ein auf Dauer instabiler und den Händen mordender Terrorgruppen ausgelieferter Irak hätte unweigerlich eine destabilisierende Wirkung auf Gesamteuropa. Unser vordringliches Ziel muss es daher sein, gemeinsam mit unseren Partnern alles zu unternehmen, um diese Negativentwicklung zu stoppen.

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich an der Stabilisierung des Irak zu beteiligen. Die Bundeswehr ist bereits an vielen Orten der Welt im Einsatz. Ihr Einsatz in Afghanistan bindet wertvolle Ressourcen. Wenn wir unsere dortigen Verpflichtungen ernst nehmen, müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Bundeswehr nicht Opfer eines Überdehnungssyndroms wird. 

"an der Stabilisierung des Irak"
früher hieß es noch "am Wiederaufbau"

"gemeinsam mit unseren Partnern alles zu unternehmen"

zu ALLEM bereit

"die Bundeswehr nicht Opfer eines Überdehnungssyndroms"

Vielleicht hilft stretching, Gymnastik?
Bloß nicht PRINZIPIELL WERDEN. Sondern den Weg aufzeigen. Z.B. einen kleinen Tausch mit den Spaniern?

Deshalb bleibt es dabei: Eigene Truppen werden wir nicht in den Irak entsenden. Unsere Fähigkeiten können wir auf anderen Gebieten anbieten:

So hat die Bundesregierung 2003 im Bereich der humanitären Nothilfe für den Irak über 11 Mio. Euro (dazu gehörte u.a. die Notinstandsetzung der Trinkwasserversorgung außerhalb Bagdads durch das THW), im Rahmen internationaler Hilfsorganisationen wie IKRK, UNHCR und WEP 18,5 Mio. Euro und im Rahmen der humanitären Hilfe der EU noch einmal 23 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Der deutsche Anteil an EU-Wiederaufbauhilfe für 2003/04 beträgt insgesamt ca. 45 Mio. Euro. Zusätzlich werden noch einmal Mittel in Höhe von 44 Mio. Euro über die Weltbank zur Verfügung gestellt, so dass Deutschland für 2003/04 mit einem Gesamtbeitrag in Höhe von 145 Mio. Euro an humanitärer und Wiederaufbauhilfe für den Irak beteiligt ist. 

Und nun wird Geld aufgezählt. Wir haben es ja, satt können wir pumpen, Geld natürlich, zur Beseitigung der Schäden der USamerikanischen Truppen und  der US-Politik.

Nur eine kleine frage, Herr Erler: was sind "Eigene Truppen"? Deutsche Soldaten hieß das früher.
Aber solche deutschen Soldaten, die innerhalb von NATO-Einheiten,Stäben usw. fleißig sind, denen wollen Sie doch bestimmt nicht ihr erstes Auslandsabenteuer vermiesen?

(c) Andreas Hauß März 2004 http://www.medienanalyse-international.de/index1.htmlIm übrigen bewundere ich Frau Klarsfeld.
 

Noch unkommentiert:
Warum der Irak-Krieg nicht sein darf: Drei Gründe - von Gernot Erler Eintrag vom 06.02.2003

Ein Artikel aus dem Buch:
No War - Krieg ist nicht die Lösung, Mr. Bush! hrsg. von Karl-Heinz Harenberg und Marc Fritzler, Droemer-Knaur Verlag München, 2003, 7.90 EUR, ISBN 3-426-777-11-8

Volltext:

1. Jeder Krieg tötet Menschen, vor allem wehrlose und unschuldige. Jeder Krieg zerstört, was Menschen geschaffen haben, in Jahrhunderten oder Jahrzehnten. Jeder Krieg macht arm. Die Weltzivilisation verbietet deswegen Krieg als Verbrechen. Das Gewaltmonopol soll in der Hand einer globalen Verantwortungsinstanz, den Vereinten Nationen, liegen. Gewaltanwendung kann dort legitimiert werden - aber nur, wenn sie illegitime Gewaltanwendung verhindert oder unterbindet und wenn alle anderen Mittel versagen.

Ein Irak-Krieg jetzt widerspricht diesen internationalen Regeln: Eine unmittelbare Bedrohung gegen einen anderen Staat liegt nicht vor, und die generellen Gefahren, die von dem irakischen Regime ausgehen, lassen sich mit anderen Mitteln als Krieg nicht vollständig, aber hinreichend unter Kontrolle bringen.

Ein kurzer Blick in die Vorgeschichte belegt diese Feststellung. Im Irak herrscht eine gefährliche Diktatur. Gefährlich für die eigenen Bürger, gefährlich für die Nachbarn. Als der Irak 1990 das Nachbarland Kuwait okkupierte, musste die Weltgemeinschaft reagieren. Im 2. Golfkrieg wurde 1991 Kuwait befreit, Saddams Truppen erlitten riesige Verluste. Die Vereinten Nationen verboten anschließend dem Irak, Massenvernichtungswaffen und Trägersysteme mit größeren Reichweiten herzustellen oder zu besitzen. Strenge Sanktionen untermauerten dieses Verbot, eine Inspektionsmission der Vereinten Nationen vor Ort (UNSCOM) sollte es durchsetzen .

Acht Jahre lang (1991-1998) hat UNSCOM das Regime in den Schwitzkasten genommen. Dabei wurden mehr Waffen im Irak zerstört als im ganzen 2. Golfkrieg. Ende 1998 eskalierte ein Streit zwischen Saddam und den Inspektoren, denen er Spionage für die USA vorwarf (ein Vorwurf, den amerikanische Inspektoren später bestätigten). UNSCOM verließ das Land gerade noch rechtzeitig vor dem Strafbombardement der Vereinigten Staaten und Großbritanniens. In diesen acht Jahren hat sich - wegen des Inspektorenregimes - kein Land der Welt vom Irak akut bedroht gefühlt. Seit November 2002 ist eine neue UN-Inspektionsmission im Land (UNMOVIC) - stärker und weitaus besser ausgerüstet als die erste. Unter dem Druck der Sicherheitsrats-Resolution 1441 und den Inspektoren von Hans Blix und der IAEO ist das Regime in Bagdad vollständig in die Defensive gedrängt worden. Saddam kooperiert mit den Inspektoren, wenn auch nicht so aktiv, wie es die UN-Resolution 1441 verlangt. Aber es besteht kein Zweifel: Das internationale Ziel einer gesicherten Entwaffnung des Irak ist über die Inspektoren und ohne militärische Intervention erreichbar. Und weil dies so ist, darf nach den Regeln der Weltzivilisation dasselbe Ziel nicht mit dem Mittel eines Krieges verfolgt werden, der Menschen tötet, vor allem wehrlose und unschuldige.
 

2. Der 11.September 2001 hat nicht nur Amerika, sondern die ganze Welt geschockt und herausgefordert. Das Neue der Bedrohung durch einen global operierenden Terrorismus wurde erkannt: Nicht ein Staat greift einen anderen an, sondern bewaffnete, geographisch kaum lokalisierbare Gruppen verüben brutale Terrorakte, ohne verhandelbare Forderungen zu stellen. Die Weltgemeinschaft ist noch dabei, sich auf die "Asymmetrie" dieser Bedrohung einzustellen, bei der die klassischen Abwehrstrategien von der präventiven Diplomatie bis zur bewaffneten Antwort weitgehend versagen. Die ungebrochene Aktionsfähigkeit der globalisierten Terrornetzwerke (Djerba, Bali, Mombasa) erzwingt eine neue Qualität beim internationalen Kampf gegen den Terrorismus. Nur eine global wirksame Gesamtstrategie der Weltgemeinschaft kann den Terrorismus der Netzwerke eindämmen. Folgende Prioritäten lassen sich dabei benennen: Die große politische Allianz gegen den Terrorismus, einschließlich der arabischen und moslemischen Staaten, muß aufrechterhalten und gestärkt werden, um überall auf der Welt die Netzwerke zu verfolgen. Regionale Konflikte (Nahost, Kaschmir, Tschetschenien) sind als gefährliche Quellen für Extremismus und Terrorismus erkannt und müssen entschlossener als bisher gelöst und beendet werden. In Afghanistan brauchen wir einen beispielhaften Erfolg - eine Rückkehr von Chaos, Taliban und Al Quaida hätte verheerende Folgen. Unregierbare Regionen der privatisierten Gewalt (Failing States, No-Go-Areas) können als Brutstätten des Terrorismus nicht länger geduldet und müssen durch regionale Stabilisierungsregime sicher gemacht werden. Und eine weltweite Politik der Armutsbekämpfung, Gerechtigkeit und Chancengleichheit muß als neue globale und strukturelle Präventionstrategie die Rekrutierungschancen der Terrornetzwerke reduzieren.

Die Bush-Administration hat von Anfang an den geplanten Irak- Krieg als notwendigen weiteren Schritt im Kampf gegen den Terrorismus des 11. September deklariert. Trotz größter Bemühungen konnte eine direkte Beziehung Saddam - Al Quaida nicht nachgewiesen werden. Aber noch wichtiger ist: Ein Irak-Krieg birgt ernsthafte Risiken für die notwendige Fortsetzung und Intensivierung des Kampfs gegen den Terrorismus. So gefährdet er den Fortbestand der politischen Allianz gegen den Terrorismus und vor allem die unverzichtbare arabisch-moslemische Mitwirkung in dieser Allianz. Ein Irak-Krieg gefährdet auch die gemäßigten arabischen Regime und schafft in der Konfliktregion Nahost ein zusätzliches Problem mit der ungelösten Frage der Fortexistenz eines irakischen Staatswesens. Er verschlingt enorme Finanzmittel (die Rede ist von bis zu 200 Mrd. $) und beansprucht Fähigkeiten, die anderswo gebraucht werden - vor allem in Afghanistan, wo bereits neue Kämpfe ausbrechen. Diese Mittel fehlen auch für die präventiven Globalstrategien gegen die Ausbreitung der Netzwerke. Eine Ausweitung oder gar Explosion von Antiamerikanismus als Folge eines als unbegründbar empfundenen Irak-Krieges - leicht ausbeutbar von den Al Qaida-Strategen - kann nicht ausgeschlossen werden.

Ein Irak-Krieg darf also nicht sein, weil er die Terrorbedrohung in der Nachseptemberwelt nicht verringert, sonder vergrößert.
 

3. Wenn Washington auf die Provokationen des Regimes in Nordkorea mit Hinweis auf dessen atomare Potentiale einen Verhandlungsweg einschlägt, im Falle des Irak aber ein Exempel statuiert, gibt Präsident Bush damit nicht nur indirekt zu, dass er selbst nicht an einsatzfähige irakische Massenvernichtungswaffen glaubt, sondern er sendet eine verhängnisvolle Botschaft aus - sie lautet, dass nur ein Land, das über einsatzfähige Massenvernichtungswaffen verfügt, gegen militärische Interventionen von außen geschützt ist. Dieses Signal zerstört den Grundgedanken der Nonproliferation. Es wird einen richtigen "Run" auf diese Waffen auslösen, die einen Staat gegen eine Intervention von außen immun machen. Die Zukunft liegt dann in Präventivkriegen zur Verhinderung von gefährlichen Waffen-Fähigkeiten in amerikafeindlichen Staaten.

In diesem Kontext manifestiert der Irak-Krieg ein archaisches, dichotomisches Weltbild. Es gibt gute Staaten und böse. Die guten dürfen Massenvernichtungswaffen haben, die bösen nicht. Eine solche Weltordnung funktioniert nur, wenn es eine überlegene und zu jedem Kriegsrisiko bereite Super-Weltmacht gibt, die über Gut und Böse richtet. Eine solche Weltordnung führt unweigerlich zu jener Teilung der Welt, die Osama bin Laden mit seinen Anschlägen herbeizwingen wollte und die im "Kampf der Kulturen" endet.

In einer solchen Weltordnung wollen wir nicht leben. Deshalb darf der Irak- Krieg nicht sein.