ARD-Doku am 23.11. 2001 spätabends
Wie aus normalen jungen Muslimen Attentäter gemacht werden
- plumpe Propaganda, die sich in logischen Problemen verstrickt:
 
Der gesamte Film lief nach dem Strickmuster: Atta und seine Freunde führten zwei Leben. Tatsachen und pure Fiktionen wurden je einem der Leben zugeordnet. Das uns seit Jahren bekannte Schnittverfahren resultierte in einer bunten Collage - ein Bild ohne Realitätswert. Völlig bedeutungslose Aspekte wurden aufgebauscht zu Indizien, wenn nicht gar zu Beweisen für die Täterschaft. Obwohl diese -die Täterschaft- schon vorausgesetzt wurde, ja Basismaterial der Interviews etc. war.

Welche signifikante Bedeutung hat denn - und es wurde kostbare Sendezeit darauf verschwendet!- :
- der Bart Attas? Beim Barte des Propheten (und dieser Spruch hat wirklich eine Bedeutung) - es wurde dieser im Leben eines jungen Mannes völlig normale Modewechsel mit der suggerierten Bedeutung versehen: hieran könne man erkennen, daß Atta zum bösen Islamo-Attentäter wurde. Man hat es zwar nicht erkannt, aber man hätte es daran erkennen können. Das logische Problem dabei wurde weggeschwiegen, daß bekanntlich Atta diesen Bart zumindest Tage, wenn nicht Wochen (Jahre?) vor dem Attentat NICHT trug. Daß die anderen angeblichen Attentäter diese Bärte NICHT trugen. Daß der Bart Attas ein gepflegter kurzer Vollbart war, wurde erwähnt. Daß ein solcher kurz geschnittener Vollbart dann jedoch nicht der Tradition des handbreiten Barts (als afghanischer "Zottelbart" verunglimpft)entsprach, wurde gesagt - aber nicht als Widerspruch zur angeblichen Bedeutung des Bartes gestellt.

- Attas Eßgewohnheiten? Als Muslim mag er kein Schweinefleisch essen. Ja und? Also erkundigt er sich, was er ißt, lehnt auch die Gelatine auf Kuchen ab, da evtl. aus Stärke hergestellt, die von Schweinen stammt. Wenn also nun ein gläubiger Jude / Muslim/ Vegetarier dies oder jenes nicht ißt: ist er dann schon potentieller Terrorist?  Wenn sich ein gesundheitsbewußter Mensch die Verpackungsaufschriften von Lebensmitteln ansieht (was er nun wirklich tun sollte, wofür sind die denn sonst da?), wenn ein Kind keinen "Glibber" auf seinem Kuchen mag, ein Student mit dem Küchenpersonal der Mensa laut streitet: alles Attentäter? Solche ein Scheiß wurde dem deutschen Fernsehpublikum als wesentliche Prägung bei Atta dargestellt! Man faßt es nicht.

- Jarrahs Nahkampfausbildung? Was Millionen von jungen Leuten in Deutschland, und immer mehr Mädchen darunter, völlig normal lernen, wird zur Vorbereitung der Eroberung des Cockpits. Beobachten Sie nun also sehr genau, was Ihrer Tochter in der Volkshochschule beigebracht wird - es könnte eine Attentäterin sein! Wie hanebüchen die Argumentation ist, zeigt sich doch daran, daß die anderen Kumpel (Atta z.B.) einen solchen Kurs NICHT besuchten. Mußten die kein Cockpit erobern? Und hatten die nicht alle angeblich Teppichmesser? Wozu dann noch die Kunst der waffenlosen Verteidigung lernen?

- Koranzitate Attas? Seine Schriften mit einem Allah preisenden Sinnspruch zu beginnen, mag dem Christenmenschen heute fremd sein. Obwohl er bei dem täglich x-mal gemurmelten "Grüß Gott" dieser Kulturtradition nicht so fern steht. Obwohl vor wenigen Jahren noch Tischgebete gesagt wurden. Obwohl obwohl. Es wird eine Kluft zu muslimischen Traditionen heraufbeschworen, die riesig zu sein scheint und es nicht einmal ansatzweise ist. Der Sinnspruch, der Attas Diplomarbeit vorangeht, wird mit Bedeutung belegt, daß es einen friert. Wo bleibt dann nun die Einlassung des TV-Teams, daß exakt eine solche bedeutungsschwangere Einleitung bei den Briefen und dem Testament Attas fehlen? Entweder Atta ist so ein Hypertraditionalist, und es weist das auf seine zweite Identität als böser Terrorist hin - oder nicht. Gerade beim letzen Brief, der mit all seinem Schwachsinn sogar noch einleitend im Film zitiert wird ("Schuhe zubinden")fehlt die Einleitung. Dem TV-Team kann das nicht unbemerkt geblieben sein.- aber es wird nicht erwähnt.

- scharfe Kurven? Jeder Flugschüler erhält seine Portion Theorie. Und bei der Praxis wird das Schwierigste geübt. Also gibt es Platzrunden. Weil starten und landen das Gefährlichste beim Fliegen ist. Immer. Also wird in einer einzigen Flugstunde x Mal gestartet und gelandet. Landeanflüge noch und nöcher. Langweilig, nervend, aber notwendig. Was würden denn Sie wollen, wenn Sie fliegen lernen wollten? Genau. Fliegen. Nicht landen lernen. Dieser völlig natürliche Wunsch, der ebenso notwendig von Fluglehrern nicht erfüllt wird, mutiert beim ARD-TV zu einem bösartigen Omen. Und insbesondere Kurvenfliegen will Atta. Was beklatschen die Zuschauer bei Flugshows? Wenn die Flieger gerade fliegen? Was gibt den "Kick" bei der Achterbahn?
Daß Atta "seinen Kram alleine" machen will im Cockpit - wie bedeutend! Im Film.

Die Themen ließen sich fortsetzen. Unsere Hyperislamis machten z.B. vor ihrem Todesflug noch "einen drauf". Zu welchem Leben der "zwei Leben" der Terroristen gehörte es denn, sich nackte Weiber anzugucken? Zum Vorgeschmack aufs Paradies, sagen die Filmemacher. Warum dann das magere Trinkgeld? Es paßt das alles nicht. Die Treffs in den Hotelzimmern zur Lagebesprechung sind pure Phantasie der Filmemacher. Kein Beweis. Die Aufnahmen von Attas Vater, der sichtlich erregt über Terrorgruppen in den USA redet, werden zur Denunziation Attas und seiner Familie genutzt. Gibt es etwa keine "militias" in den USA?  Keinen UNA-Bomber, keinen McVeigh? Keine Schießereien in den Schulen, kein Waco?  Spöttische Bemerkungen über den Vater - und kein Hinweis dazu, daß diese Aufnahmen nicht der ARD exklusiv zur Verfügung standen, sondern im Rahmen der Pressekonferenz entstanden, die Attas Vater gab. Weil er noch viele Stunden NACH dem Terror des 11.9. mit seinem Sohn gesprochen hatte. Selbst wenn das nicht stimmen würde (beweisen läßt sich nicht das eine und nicht das andere) - erwähnen sollte es das Filmteam schon, daß es Archivaufnahmen aus einem völlig anderen Zusammenhang gerissen hat.

Aber Propaganda kann Widersprüche nicht gebrauchen. Die stören. Ob Atta und seine Freunde Islamisten waren oder nicht, Terroristen oder nicht, wissen wir nicht. Vieles wissen wir nicht. Die, die behaupten, viel zu wissen, sollen es mal beweisen. Beweise, Fakten, Tatsachen auf den Tisch! Das TV-Epos vom 23..Nov. trug zur Wahrheitsfindung jedenfalls nicht bei - nur zum Abwürgen kritischer Fragestellungen, wer für den 11.9. verantwortlich war.

(c) Andreas Hauß 2002 http://www.medienanalyse-international.de/finger.html