Offener Brief an den Bundespräsidenten Gauck


... anläßlich der Rede Daucks im Bendlerblock

 
 
  


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Sehr geehrter Herr Bundespräsident, 
 
in Ihrer Rede anlässlich der gestrigen Vereidigung vor dem Reichstag sagten Sie unter anderem: „Der 20. Juli erinnert uns an jene Soldaten, die nicht nur Befehl und Gehorsam kannten, sondern die letztlich ihrem Gewissen den Vorrang gaben“.
In diesem Satz konzentriert sich in der Tat das seit Jahrzehnten von der Bundeswehr gepflegt Traditions- und Selbstverständnis, das auch zu meinem Berufsethos gehörte. Allerdings musste es in der Baudissin-Armee, deren Auftrag die Kriegsverhinderung war, die Erprobung in der Praxis nicht bestehen, wenn man vom Recht auf Kriegsdienstverweigerung nach Artikel 4 Absatz 3 des Grundgesetzes absieht, von dem über den Ersatzdienst reichlich Gebrauch gemacht wurde, und dem sich die Bundeswehrführung selbstverständlich unterzuordnen hatte.
 
Als sich jedoch Major Florian Pfaff auf sein Gewissen berief und sich weigerte, an der Entwicklung einer Software mitzuarbeiten, die ihn 2003 zum Mittäter am völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak gemacht hätte, entpuppten sich das alljährliche Ritual  im Bendlerblock, und inzwischen am Reichstag, einmal mehr als Lebenslüge der Bundeswehrführung und der stets beschworene Vorbildcharakter der Widerständler des 20. Juli 1944 als ethischer Bezugspunkt für das eigene Handeln als verbaler Hohlkörper. Der Offizier wurde auf seinen Geisteszustand untersucht und mit Disziplinarverfahren überzogen, bis er schließlich im Jahr 2005 vom Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichtes Recht bekam.   
 
 
Die als Teil der Exekutive nach Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes auf Gesetz und Recht verpflichtete Bundeswehrführung scherte sich allerdings den Teufel um das höchstrichterliche Urteil und verweigerte Major Pfaff die Beförderung zum Erreichen seines Laufbahnzieles.
 
 
 
 
Mit Ablauf des 31. Mai 2013 ist Florian Pfaff nach Erreichen seiner besonderen Altersgrenze in den Ruhestand getreten.
 
Dass die Generalität der Bundeswehr mehrheitlich nicht im Entferntesten an die charakterlichen Qualitäten der Mitglieder des militärischen Widerstandes heranreicht, zeigte sich bereits in den Jahren 1998/99. Jeder aus diesem Kreis wusste, dass die Politik log und fälschte, dass sich die Balken bogen, um Öffentlichkeit und einfachen Parlamentariern die Zustimmung zur Teilnahme Deutschlands am völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien abzuringen. Das Risiko, vom damaligen Bundespräsidenten mit 75 Prozent der fürstlichen Dienstbezüge in den einstweiligen Ruhestand versetzt zu werden, Adjutant, Fahrer und Sekretärin zu verlieren und vom drohenden Zeigefinger von jenseits des Atlantiks ermahnt zu werden, wurde offensichtlich als zu bedrohlich angesehen.
 
Da kann ich nur noch Max Liebermann zitieren:
 
 
In diesem Kontext kann man Ihnen zur Wahl von Herrn Kleine-Brockhoff als Planungschef nur sarkastische Glückwünsche übermitteln. Der dem Washingtoner Büro des German Marshall Fund of the United States zugeordnete „Senior Transatlantic Fellow & Senior Director for Strategy EuroFuture Program” wird Sie ganz im Geist seiner bisherigen Tätigkeit als Versicherungsmakler beraten, wie er in einer „Außenansicht“ der Süddeutschen Zeitung zum Ausdruck kommt: 
 
„Amerika bleibt Deutschlands Lebensversicherung - gegen die Muskelspiele eines unter post-imperialen Schmerzen leidenden Russlands, gegen iranische Atomraketen, gegen Terroristen mit Massenvernichtungswaffen.“
 
 
Inwieweit diese Personalentscheidung von Ihrem Amtseid getragen ist, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden und seinen Nutzen zu mehren, werden die Leser diese Offenen Briefes zu wägen wissen.
 
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Scholz
Oberstleutnant a. D. (West)
 
Quidquid agis prudenter agas et respice finem

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(c) Andreas Hauß, Juli 2013

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Im Übrigen bewundere ich Frau Klarsfeld.