grüne Versuche, die Friedensbewegung zu benutzen
  
Freitag, 06. Dezember 2002

Replik auf A. K.`s Gedanken zum Thema Irak

Liebe Friedensfreunde,

Um es von vorne herein eindeutig festzustellen, ich bin gegen jeglichen Krieg der USA und ihrer so genannten „Verbündeten“ gegen den Irak.“
Meinungsabgleich, Gesinnungscheck. Wertung: 100 Punkte, voll im mainstream, nichts falsch gemacht.
„Allerdings wird dieser Krieg kommen, egal ob wir ihn wollen oder nicht.“ 
Und dann kam Krieg. Vom Himmel fiel Feuer, und ein großer Wüstensturm brach los. Verderbnis fiel wie Asche auf die Menschen. 
Welch eine Sprache! Keine handelnden Subjekte, keine Verantwortung, Schicksalsergebenheit und Konstatierung der Sinnlosigkeit von Demonstrationen und anderer Protestformen.
„Dabei stellt sich die Frage nach den Konsequenzen für die Menschen und die instabile Ordnung des Nahen Ostens.“
Soso, stellt sich die Frage. Sie sich. Nicht etwa Herr K. Und parallel zu den Menschen steht schon „die Ordnung“. Tacheles: Herr K. stellt die Frage nach der Ordnung. Das ist der Inhalt des Satzes.
„Vor diesem Hintergrund halte ich das derzeitige Engagement der deutschen, wie internationalen Friedensbewegung für äußerst bedenklich, wenn nicht vom Ansatz her für falsch.“
Halten wir die bisherigen Aussagen fest: Krieg kommt, die Ordnung steht in Frage – und nicht etwa die rotgrüne Regierung und ihr Handeln sind bedenklich, sondern – das Engagement der Friedensbewegung. Ich habe verstanden. Normalerweise hätte ich nun das Schreiben weggeworfen, aber es stammt nicht von Volker Rühe, sondern von jemandem, der sich zu den Friedensfreunden zählt. So wie Erler z.B..:-)

...Diese Betrachtungsweisen sind nicht falsch, aber nur die eine Seite der Münze.Völlig aus dem Focus der Krieggegner ist dabei der politische und militärische Gegner der USA geraten; das national(faschistische ) Baathisten - Regime um Saddam Hussein.“

Wir lernen: eine Münze hat zwei Seiten (und einen Rand, der nicht erwähnenswert ist, die Randerscheinung Friedensbewegung, deutsche Verantwortung usw., die aber zu vernachlässigen sind). Zwei Seiten: a)Imperialismus und b)Faschismus. Pest und Cholera.

 “Die Krieggegner konzentrieren ihre Solidarität mit irakischem Volk, ein Volk welches sich in absoluter Geiselhaft eines schwerstkriminellen Regimes mit einem paranoiden Diktator, seine Söhne eingeschlossen, befindet. Diese verständliche Solidarität kann in ihrem Ansatz nicht zwischen Unterdrückten und Despoten trennen und nützt somit keinem einzigen Menschen im Irak. Sie erzeugt im Gegenteil dem Regime einen internationalen Rückhalt, welches es nicht verdient.“

Geschickt. Aus der Friedensbewegung waren Kriegsgegner geworden in der Argumentation, und nicht etwa „Frieden“ oder „Gegnerschaft zum Krieg“ werden nun diskutiert, sondern „Solidarität mit dem irakischen Volk“. 
Wer hat diese denn erklärt? Seit wann ist der Grundimpetus einer Friedensbewegung die Solidarität mit einem Volk? Nicht etwa, dass Kriegsgegnerschaft das nicht AUCH bedeuten kann. Aber es ist nicht identisch. K. braucht diesen kaum wahrnehmbaren Schlenker, um vom Prinzip Frieden (wie in der UN-Charta verankert, wie im Grundgesetz festgeschrieben) zur Bewertung der Politik des Iraks zu kommen, zur irakischen Führung in ihrem Handeln nach innen und außen.
Nur ist das nicht das Thema der Friedensbewegung. Das mag ein Thema einer deutsch-irakischen Freundschaftsgesellschaft sein – aber nicht unser Thema. Das wird an uns rangeschwätzt. Indem uns nur die Wahl zwischen Pest und Cholera eröffnet wird.
„Blicken wir doch nur einmal kurz auf die Geschichte des baathistischen Regimes...“
Da sind wir nun: in einem Thema, das kaum jemand von uns beherrscht. Innen- und Außenpolitik eines fremden Landes, zu der jeder sich dieses oder jenes dazu anlesen kann. Bezeichnend ist die Wort- und Zeitauswahl. Nicht etwa die Geschichte der Region oder des Landes, sondern nur des Regimes soll das Thema sein. Regimechange, ick hör dir trapsen. Und dann der Griff in die Mottenkiste der politischen Verteufelung, es wird gemetzelt, Fanal, Millionen Tote. Alles ganz übel. Das hatten wir 98/99 schon bei den Serben. Die haben sogar albanischen Föten gefressen. Sollbruchstelle: ja DAS war natürlich eine Übertreibung Scharpings! Aber der Saddam, der ist noch hundertmal schlimmer als der Milosevic!
„Beispielhaft erwähne ich nur die Giftgasangriffe gegen die Kurden...“
Na klar doch. Wissenschaftlich korrekt „erwähnt“ Herr K. „nur“ die Giftgasangriffe. „Beispielhaft“ wofür? Wenn sie ein Beispiel wären, muss es ein Muster, eine Regel geben, für die diese Giftgasangriffe als Beispiel stehen, also etwa ein Gemetzel alle zwei Wochen an Bevölkerungsteilen mal mit Kugeln, mal mit Gas, mal mit Bakterien.
Da K. nur „erwähnt“ in seiner Geschichtsbetrachtung, liefert er keinen kompletten Abriss der Geschichte, nicht einmal der des Regimes. So ein kleiner putziger Krieg gegen den Iran fällt dann einfach raus, erwähnt nur in einer Klammer.. Die Möglichkeit, dass es IRANISCHE Bomben mit Giftgas gewesen sein könnten, muss dann nicht erwägt werden. (Nicht dass ich solches sicher wüsste und behauptete – mich kotzt nur diese sichere Schuldzuweisung an. Es gibt andere Sichtweisen.) 
 „Solch ein Regime verdient keine Solidarität, auch wenn es  propagandistisch gegen die USA und Israel agiert.“ 
Ei guggeda. Schon geht es um Solidarität mit dem Regime. Wir erinnern uns: begonnen hatte das K.sche Schreiben mit der Zieldefinition der Friedensbewegung mit 
- Frieden, übergeleitet zu
- Gegen Krieg, dann war es
- Solidarität mit dem irakischen Volk und nun diskutiert er
- Solidarität mit dem Regime.

Herr K., es ist nicht ungeschickt, der Friedensbewegung Solidarität mit Herrn Hussein, dem Giftgasmörder zu unterstellen. Denn das müssen wir natürlich moralisch heftig verurteilen. Es folgt ein Wort zur Herkunft des Giftgases (so es irakisches war) aus den USA, Fort Detrick, und zur deutschen Beteiligung (z.B. Firma Kolb, Dreieich), K. kann es nicht verschweigen, es wissen zu viele. Aber Fokus bleibt: das Regime im Irak ist böse, also nicht ablenken .... 
Ein zweiter Aspekt an dem Satz: „Solch ein Regime verdient keine Solidarität, auch wenn es  propagandistisch gegen die USA und Israel agiert.“ Verkürzt:
„verdient  Solidarität, wenn es gegen Israel agiert.“ Herr K. offenbart seine Gesinnung. Eigentlich mache Saddam Hussein ja das Richtige :propagandistisch gegen Israel zu agieren. Leider ist er selbst ein Schweinehund, schade eigentlich. Der völkisch denkende Grüne frisch fromm fröhlich frei auf dem Weg in die braune Wüste.
„Auch dies scheint mir kein schlüssiges Argument gegen den Krieg zu sein.“
Wer benutzt denn das Argument „Herkunft von Waffen“ als Argument gegen den Krieg? Und wenn das Giftgas oder die Raketen irakische Eigenproduktion oder aus China oder Takkatukkaland wären – den Aspekt Waffenhandel sehen wir normalerweise als Argument gegen die Heuchelei der ach so friedliebenden deutschen Regierung oder als Argument für Kriegsvermeidungsstrategien. Für Verantwortung. Aber nicht als Antikriegsargument. Da reduziert der Herr K. die Argumente der Friedensbewegung ein wenig auf Null + ein falsches Argument. Mit einem Popanz lässt es sich gut fechten.
„Auch“ schreibt er – wo hat er denn andere Argumente zitiert geschweige denn analysiert und widerlegt? 
Wieder einmal zusammengefasst: in den Worten des Herrn K. geht es bei der Friedensbewegung um die Solidarität mit dem irakischen Regime, und sie scheiint nur ein einziges Argument gegen den Krieg zu haben - Giftgas sei von Übel weil seine Herkunft westlich ist.
"Wo liegen dann die Aufgaben der Friedensbewegung?"
Au ja, sag`s uns.
"Gefordert ist ein klares politisches Konzept für die gesamte nahöstliche Region,"
Ach so ist das. Die Friedensbewegung soll den Nahen Osten befrieden (kleiner geht’s nicht), Konzepte diskutieren statt Krieg verhindern. Und keine halben Sachen, nein, gleich für die GESAMTE nahöstliche Region.
 „die Antworten gibt auf:
· Eine irakische Gesellschaft nach einem Ende des baathistischen Regimes... und welche Gesellschaftsform sich die Menschen im Irak selbst schaffen können. Die Frage ist, kann dies gelingen, solange Saddam und seine Höflinge, die Menschen in Geiselhaft halten."
Denken wir uns also eine Gesellschaft aus, eine in der „die Menschen“ die Form selbst schaffen können, nur Hussein darf es nicht sein als Chef. Bush sagt dasselbe. Was würde eigentlich passieren, würden „die Menschen“ womöglich Hussein wählen, nicht mit 100%, sondern vielleicht nur weil er mit z.B. 37% Chef der stärksten Partei in einem Mehrparteienregime wäre? Wäre die Wahl dann ungültig, weil Herr K. so gut irakische Geschichte erwähnen kann? (Hinweis:  Baghdad is arming its citizens for war  The New York Times Friday, December 6, 2002 – vom Geiselnehmer bewaffnete Geiseln also)

·"Die Kriegsgegner sind dringend aufgefordert, sich mit den politischen Vorstellungen der Kurden (KDP und PUK) auseinander zu setzen."
Ja? Und wenn ich mich mit irgendwelchen Nationalisten, Separatisten, Terroristen, Islamisten usw. grad nicht auseinandersetzen will? Weder mit KDP, PKK, PUK noch Muckefuck? Bin ich dann kein Kriegsgegner mehr? Ist eine deutsch-französische Freundschaft ohne Kenntnis der korsischen Befreiungbewegung denkbar? Muss ich die Programme der ETA studieren oder die der Regierungsparteien? Oder die der Opposition? Nach welchen Kriterien bitte? Anzahl irgendwelcher Stimmen oder Repräsentativität nach Pi x Daumen – Prinzip oder K.scher Vor- Auswahl?
· „Auch wenn vieles davon nicht unseren Vorstellungen entsprechen mag, die demokratischen Ansätze in der kurdischen Autonomiezone verdienen Respekt und sind zigfach besser als“ 
Herr K. verteilt Orden – wer verdient was, wer ist besser, wer übler. „nicht unseren Vorstellungen entsprechen“ bedeutet konkret bei der PKK: Verfassungsfeindlichkeit. Diese netten Freiheitskämpfer hätten mich als Touristen an der  türkischen Küste noch vor wenigen Jahren per Bombe in die Luft gejagt. Ich mag die nicht, da bin ich ganz eigen.
· „Erforderlich ist eine klare Position in Palästina, ...“
Ressentiments spricht da einer an. Wer hat die (s.o.)? Warum soll ich eine klare Position in Palästina beziehen? Wo ist denn da die Klarheit? Auf welche Seite soll sich die Friedensbewegung schlagen? Noch mehr Einmischung von außen? Es gibt UNO-Resolutionen, die weise sind. Resolution 242 existiert seit 35 Jahren und wird beiderseits nicht eingehalten. Die deutsche Regierung drängt nicht auf die Einhaltung des Völkerrechts. Sie dazu aufzufordern, das ist ein uns angemessener und leistbarer Job für die Friedensbewegung. Punkt. Den Rest müssen Gush Shalom und Palästinenser schon unter sich ausmachen. Die Feinheiten der jeweiligen Innenpolitik der –zig Parteien dort werden wir nicht ergründen können, müssen, sollen, wollen. Am deutschen Wesen wird die Welt bestimmt nicht genesen.

· „Eine Lösung des gesamten kurdischen Problems in den vier kurdischen Teilungsstaaten (Türkei, Syrien, Irak und Iran) Solange nur partielle Lösungsansätze verfolgt werden, wird es keinerlei politische Lösung für die gesamte Region geben können. Dies sollte sich die Friedensbewegung ins Stammbuch schreiben, damit ihre Kritik an den USA und der NATO nicht ins Leere läuft und den Regimes in den genannten Ländern ein „Weiter So“ garantiert“.
Eine GESAMTLÖSUNG hätte Herr K. also gerne. Einen kurdischen Staat evtl.? Nur mal so als Frage ... Nicht etwa, dass das die Zerstückelung der vier o.a. Staaten bedeuten würde. Oder Destabilisierung. Oder Krieg. Gewiss nicht „divide et impera“ , nein. Es ist nur das hehre, lautere „nation building“ vorgeschlagen nach völkischen Gesichtspunkten. So wie ja auch die Albaner in Serbien, Mazedonien und Griechenland unterdrückt werden, weshalb man „eingreifen“ muss, immer nur friedensfördernd bekanntlich. Ins Stammbuch (Ahnenpass, sütterlingeschrieben, ist vorhanden) sollen wir es uns schreiben, warum? Damit DEN Regimes kein „Weiter so“ garantiert werde. Unser großdeutscher Gernegroß beabsichtigt also nicht nur den Regimechange im Irak, sondern gleich in der gesamten Region. Die Kritik an den USA und NATO soll nicht ins Leere laufen – sondern? Sondern was? Soll es „konstruktive Kritik“ werden? Lieber Herr Bush, wenn Du schon gerade dabei bist, den Irak zu zerbomben, dann mach doch noch ein wenig weiter? Das steht da nicht, das hat Herr K. nicht geschrieben – aber was mag er denn stattdessen mit den sybillinischen Worten gemeint haben?
„Mit diesen Gedanken versuche ich eine Reihe von Fragestellungen aufzuzeigen, auf die derzeit niemand in der Welt eine abschließende Antwort parat hat. Dies ist nicht nur ein Defizit der Vereinten Nationen, der Mächte, die den Sicherheitsrat stellen, der NATO, sondern auch der weltweiten Friedensbewegung. Kriegsgegner und Pazifisten haben auf diesem Gebiet aber die Chance, die Kräfte welche glauben mit militärischen Mitteln Lösungen mit kürzester Halbwertszeit herbei zu bomben, argumentativ und überzeugend auszuhebeln, sprich die internationale Friedensforschung und die nichtmilitärischen Kräfte sind gefordert.“
„Wir sind gefordert; Parolen „Kein Krieg fürs Öl“, weiße Laken vor den Fenstern usw. sind kein Beitrag dafür, dass den betroffenen Menschen im Irak und Nahen Osten auch nur ansatzweise geholfen wird, noch das ein Bush sich von seinem Wahnsinn abhalten lässt“.
Hmm. Was mag er denn nun damit meinen? Alles was die Friedensbewegung vorher tat (Parolen, Demos, Laken) war falsch („vom Ansatz her“,s.o.). Der Krieg kommt (s.o.), er ist Wahnsinn, K. ist dagegen. Er stellt Fragen auf die niemand in der Welt eine abschließende Antwort parat hat-
Was vielleicht auch daran liegt, weil niemand, der bei Sinnen ist, diese Fragen stellt. Es geht um nichts weiteres als darum, dass die Friedensbewegung das Kurdistan-Problem thematisieren solle, nichtmilitärisch natürlich. In mehreren Ländern.
 „Wer keinen jetzigen und noch zukünftige US – Kriege wünscht, muss eine Antwort darauf finden, wie Verbrecher vom Schlage eines Saddam endlich und schnellstmöglich von der Bildfläche verschwinden.“
Wer keinen Krieg wünscht, muss die betreffenden Regimes stürzen helfen, ist die verkürzte Aussage. 
Die Friedensbewegung solle Herrn Bush zuvorkommen. Schnellstmöglich ein wenig Tyrannenmord, verbunden mit der Neuaufteilung der Region. Dann wird sich Herr Bush zu Herrn K. begeben, ihm „Danke“ sagen und vom Wahnsinn ablassen?
„Diese persönlichen Gedanken sind Ergebnis längerer Überlegungen.“
Oha. Hat er für den Käse im Bett wachgelegen.
 „Als Mensch, der in Halabdja war, der die unvorstellbaren Zerstörungen der Anfal – Offensive vor Ort gesehen hat, fällt es schwer, einfach nur „Nein“ zum Krieg gegen Saddam zu formulieren.“
Je mehr Bombentrichter man sieht, desto mehr Berechtigung zum Spinnen? Was sind „unvorstellbare Zerstörungen“? Bisher war ich der Überzeugung, dass die Friedenskräfte in Deutschland sich sehr wohl vorstellen können, wie Kriegszerstörungen aussehen. Es mangelt uns weder an Erfahrung noch an Vorstellungsvermögen. Ich denke bei solchen Worten an die Sprüche, die von den Unbelehrbaren während der Vietnamdemos geäußert wurden: „Was wisst ihr denn schon vom Krieg – ich war dabei!“. Gefühlsaufwallung statt Analyse, dumpfes Ressentiment statt Taten.

Zusammenfassend:
Die deutsche Friedensbewegung leistet den DEUTSCHEN Beitrag zum FRIEDEN und setzt dafür alle Hebel in BEWEGUNG. Die Motive sind bunt: religiös, ethisch-moralisch, juristisch-politisch. Jedenfalls aber sind sie konzentriert auf das „Nein“ zum Krieg. 
Die Friedensbewegung ist nicht der politische Arm des joschkistischen Außenministeriums. Das persönliche Hobbys mancher Grüner, sich unter dem Deckmäntelchen „Interesse für das kurdische (albanische, tibetische usw.) Volkstum für eine Neuaufteilung der Welt und die Schürung der jeweiligen Krisenherde einzusetzen, ist ihnen unbenommen. 

Widerlich finde ich es jedoch:
- den Krieg als unvermeidbar hinzustellen (kaschiert mit dem „ich bin aber dagegen“)
- der Friedensbewegung die Mittel aus der Hand nehmen zu wollen
- ihr rhetorisch schrittweise Solidarität mit dem irakischen Regime unterzujubeln
- eine Einzeltat (verbrecherisch, aber ungeklärt) als „Beispiel“ aufzubauen
- und bei deren „Erwähnung“ mal eben einen mörderischen 8jährigen Krieg gegen das Nachbarland bis auf eine Klammer unerwähnt zu lassen.

Herr Erler, mein geschätzter Sparringspartner, scheint wohl geschickter agiert zu haben: jahrelang hat er sich die Position und Freundschaften aufgebaut, und dann erst bei Machtübernahme das wahre Gesicht gezeigt. Herr K. offenbart nun schon früher, viel zu früh, wofür er steht. Na immerhin. 

Nur habe ich mit solchen Typen nichts zu schaffen. Rhetorische Mätzchen, verquastes Volkstumsgeschwafel, Unterstellungen und Geschichtsfälschung zeugen nicht eben davon, dass die Friedensbewegtheit bei solchen Leuten sehr ausgeprägt und überzeugend ist. Uns nimmt die Beschäftigung mit dem diesem grünschimmeligen Hirnkäse die Kraft und die Zeit, die deutsche Regierung bei ihren Worten zu packen, zu verdeutlichen, dass es KEINE BÜNDNISVERPFLICHTUNGEN gegenüber den USA gibt, dass die Zurverfügungstellung des deutschen Luftraums Beteiligung an der Angriffskriegsvorbereitung ist, dass Krieg nicht einfach nur moralisch ein Verbrechen, sondern dies auch vom Grundgesetz und dem StGB her ist.
Am Montag, 02.12.2002, hatte ich die Gelegenheit, das Herrn Weisskirchen persönlich im Deutschlandfunk zu sagen. Der Mann fiel mir ins Wort und versuchte, den Art. 28 GG als den grundlegenden Verfassungsartikel für Krieg und Frieden darzustellen – ich blieb bei Art. 26.
Diese Brüder wissen noch nicht einmal die verfassungsmäßigen Grundlagen ihres  Handelns.
Nicht nur die Irakis, auch wir haben ein RECHT auf Frieden. Wir sollten es uns nicht nehmen lassen.

Mit friedlichen-freundlichen Grüßen
A.Hauß
http://www.medienanalyse-international.de 

Originaltext: 
(Name und Adresse, aus Pietät von mir weggelassen, A.H.)

Donnerstag, 21. November 2002
Gedanken zum Thema Irak

Liebe Freundinnen und Freunde,
Um es von vorne herein eindeutig festzustellen, ich bin gegen jeglichen Krieg der USA und ihrer so genannten „Verbündeten“ gegen den Irak.
Allerdings wird dieser Krieg kommen, egal ob wir ihn wollen oder nicht. Dabei stellt sich die Frage nach den Konsequenzen für die Menschen und die instabile Ordnung des Nahen Ostens.
Vor diesem Hintergrund halte ich das derzeitige Engagement der deutschen, wie internationalen Friedensbewegung für äußerst bedenklich, wenn nicht vom Ansatz her für falsch.
Die Friedensbewegung hat sich einmal mehr in eine taktische Falle begeben und verliert dadurch an notwendiger Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit. Dies versuche ich im Folgenden zu erläutern.
Für viele ist der lange angekündigte US – Krieg ein imperialistischer Akt zur Absicherung der hegemonialen Ansprüchen der USA, ein Krieg um die arabischen Ölreserven wie des Irak, wie auch geostrategischer Interessen der gesamten (westlichen) Industrienationen (USA + NATO). Diese Betrachtungsweisen sind nicht falsch, aber nur die eine Seite der Münze.
Völlig aus dem Focus der Krieggegner ist dabei der politische und militärische Gegner der USA geraten; das national(faschistische ) Baathisten - Regime um Saddam Hussein. Die Krieggegner konzentrieren ihre Solidarität mit irakischem Volk, ein Volk welches sich in absoluter Geiselhaft eines schwerstkriminellen Regimes mit einem paranoiden Diktator, seine Söhne eingeschlossen, befindet. Diese verständliche Solidarität kann in ihrem Ansatz nicht zwischen Unterdrückten und Despoten trennen und nützt somit keinem einzigen Menschen im Irak. Sie erzeugt im Gegenteil dem Regime einen internationalen Rückhalt, welches es nicht verdient.
Blicken wir doch nur einmal kurz auf die Geschichte des baathistischen Regimes in Bagdad. Seine Geschichte (betrachtet seit dem Putsch vom 17.7.1968 bis heute) ist eine einzige Blut und Terrorspur mit annähernd 2 Mio. Toten unter der eigenen Bevölkerung. Zwei Millionen Menschen, einzig zur Machtabsicherung bestialisch abgeschlachtet, ohne die hunderttausenden von Toten des iranischen – irakischen Krieges (irakischer Giftgaskrieg) hinzu zu zählen.
Beispielhaft erwähne ich nur die Giftgasangriffe gegen die Kurden im Rahmen der „Anfal -Offensive“ (Strafaktion) mit dem Angriff auf die Stadt  Halabdja, wo das Regime binnen Minuten 5000 Menschen hinmetzelten. Dieser Giftgasangriff war das Fanal eines monatelangen Terrorkrieges gegen die irakischen Kurden. Nach dem Golfkrieg konnten 1991/92 das Regime ungestört hunderttausende von Schiiten des irakischen Südens in den Tod treiben, ohne dass die Weltöffentlichkeit (Kriegsgegner eingeschlossen) ernsthaften Anstoß daran genommen hätte. Solch ein Regime verdient keine Solidarität, auch wenn es  propagandistisch gegen die USA und Israel agiert. 
An dieser Stelle helfen richtige Hinweise, dass die Giftgastechnologie schließlich aus Deutschland (Pilot Plant u. A.  mit Wissen des damaligen Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium Möllemann) kam wenig weiter und entlasten das Baathisten – Regime keinesfalls. Diese Zusammenhänge verdeutlichen allerhöchstens, mit wie viel Heuchelei, auch die deutsche Politik bis heute (Schröder/Fischer eingeschlossen) mit der Thematik umgeht.
Auch der Hinweis, dass es in erster Linie die USA waren, die Sowjetunion darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden, die Saddam unterstützten und immer gewähren ließen solange er den Interesse beider Mächte im UN – Sicherheitsrat diente. Auch dies scheint mir kein schlüssiges Argument gegen den Krieg zu sein.
Wo liegen dann die Aufgaben der Friedensbewegung?
Gefordert ist ein klares politisches Konzept für die gesamte nahöstliche Region, die Antworten gibt auf:
· Eine irakische Gesellschaft nach einem Ende des baathistischen Regimes, wie eine Aussöhnung zwischen der sunnitisch – arabischen Mehrheitsbevölkerung , den Kurden im Norden und den Schiiten im Süden aussehen könnte und welche Gesellschaftsform sich die Menschen im Irak selbst schaffen können. Die Frage ist, kann dies gelingen, solange Saddam und seine Höflinge, die Menschen in Geiselhaft halten.
· Die Kriegsgegner sind dringend aufgefordert, sich mit den politischen Vorstellungen der Kurden (KDP und PUK) auseinander zu setzen. Auch wenn vieles davon nicht unseren Vorstellungen entsprechen mag, die demokratischen Ansätze in der kurdischen Autonomiezone verdienen Respekt und sind zigfach besser als das Bagdader Getöse. Ebenfalls verdient die schiitische Opposition die Solidarität, denn es sind eben nicht die Statthalter des iranischen Regimes. 
· Erforderlich ist eine klare Position in Palästina, Kritik an den politischen Akteuren, jenseits von den Menschen beider Nationen, die in ihrer Mehrheit Opfer sind und nicht Täter. Ressentiments gegen Juden auf der einen und Muslimen auf der anderen Seiten, tragen ebenfalls nicht zur Lösung des Problems bei.
· Eine Lösung des gesamten kurdischen Problems in den vier kurdischen Teilungsstaaten (Türkei, Syrien, Irak und Iran) Solange nur partielle Lösungsansätze verfolgt werden, wird es keinerlei politische Lösung für die gesamte Region geben können. Dies sollte sich die Friedensbewegung ins Stammbuch schreiben, damit ihre Kritik an den USA und der NATO nicht ins Leere läuft und den Regimes in den genannten Ländern ein „Weiter So“ garantiert.
Mit diesen Gedanken versuche ich eine Reihe von Fragestellungen aufzuzeigen, auf die derzeit niemand in der Welt eine abschließende Antwort parat hat. Dies ist nicht nur ein Defizit der Vereinten Nationen, der Mächte, die den Sicherheitsrat stellen, der NATO, sondern auch der weltweiten Friedensbewegung. Kriegsgegner und Pazifisten haben auf diesem Gebiet aber die Chance, die Kräfte welche glauben mit militärischen Mitteln Lösungen mit kürzester Halbwertszeit herbei zu bomben, argumentativ und überzeugend auszuhebeln, sprich die internationale Friedensforschung und die nichtmilitärischen Kräfte sind gefordert.
Wir sind gefordert; Parolen „Kein Krieg fürs Öl“, weiße Laken vor den Fenstern usw. sind kein Beitrag dafür, dass den betroffenen Menschen im Irak und Nahen Osten auch nur ansatzweise geholfen wird, noch das ein Bush sich von seinem Wahnsinn abhalten lässt. Wer keinen jetzigen und noch zukünftige US – Kriege wünscht, muss eine Antwort darauf finden, wie Verbrecher vom Schlage eines Saddam endlich und schnellstmöglich von der Bildfläche verschwinden.
Anmerkung:
Diese persönlichen Gedanken sind Ergebnis längerer Überlegungen. Als Mensch, der in Halabdja war, der die unvorstellbaren Zerstörungen der Anfal – Offensive vor Ort gesehen hat, fällt es schwer, einfach nur „Nein“ zum Krieg gegen Saddam zu formulieren.
Darüber möchte ich gerne diskutieren und hoffe auf Reaktionen.

(Unterschrift)

(c) Andreas Hauß, 12.2002, http://www.medienanalyse-international.de/index1.html