Soldat und Meinungsfreiheit
a) Interview, erschien in der Jungen Welt
b) Artikel 
 01.08.2006 / Interview / 
 

»Ich will ein Urteil, das den Irak-Krieg ächtet«

Disziplinarmaßnahme für Oberstleutnant der Bundeswehr. Zur Not geht er bis vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Ein Gespräch mit Jürgen Rose 

Der Münchner Oberstleutnant Jürgen Rose ist vehementer Kritiker völkerrechtswidriger Bundeswehreinsätze. In diesem Interview vertritt er ausschließlich seine persönlichen Ansichten 
 

Ihr Befehlshaber bei der Bundeswehr will, daß Sie 750 Euro Disziplinarbuße zahlen. Sie sollen Vorgesetzte »in ehrverletzender Weise« herabgewürdigt haben. Was haben Sie getan?

Ich habe Ende Mai in der Zeitschrift Ossietzky kritisiert, daß die Bundeswehrführung niemals gegen die deutsche Unterstützung für den Irak-Krieg protestiert hat. In dem Artikel hieß es: »Hätte die deutsche Generalität auch nur einen Funken Ehrgefühl sowie Rechts- und Moralbewußtsein im Leibe, so hätte der Generalinspekteur im Verein mit seinen Teilstreitkraftinspekteuren sich geweigert, den völkerrechts- und verfassungswidrigen Ordres der rot-grünen Bundesregierung Folge zu leisten.« 

Sie haben auch geschrieben, an »intellektueller Insuffizienz«, also an Dummheit, könne das Schweigen der Generäle nicht gelegen haben. Es bleibe nur noch die zweite Alternative zur Erklärung, die da laute: »Opportunismus, Feigheit, Skrupellosigkeit«. Starker Tobak – wieso sollten Generäle überhaupt gegen Befehle protestieren?

Das Grundgesetz verbietet das Führen von Angriffskriegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat im vergangenen Jahr festgestellt, daß auch die Unterstützung eines Völkerrechtsdeliktes selbst ein völkerrechtliches Delikt darstellt. Ich muß davon ausgehen können, daß die Generalität schon im Jahr 2003 wußte, der Irak-Krieg verstößt gegen das Völkerrecht. Gemäß unserem Soldatengesetz dürfen rechtswidrige Befehle nicht befolgt werden. 

Hat denn jemand verweigert?

Ich habe keinen einzigen von unseren mehr als 200 Generälen gehört, der gesagt hat, da mache ich nicht mit. Anstatt sich wie Bürger in Uniform zu verhalten, haben sie alle die rechtswidrige Unterstützung für die USA hingenommen, unter anderem die Bewachung von US-Kasernen und die deutschen AWACS-Besatzungen. Nur Florian Pfaff, ein einfacher Major, hat diesen Rechtsbruch nicht mitgemacht und seine Mitarbeit an einem Computerprogramm verweigert, weil das auch der Kriegführung der USA zugute gekommen wäre. Dafür ist er degradiert worden, bekam aber vor einem Jahr vom Bundesverwaltungsgericht Recht. 

Das Urteil im Fall Florian Pfaff war eine Ohrfeige für die Bundesregierung. Wie geht die Bundeswehrführung damit um? 

Das Urteil wird totgeschwiegen. Daß Soldaten unter bestimmten Umständen Befehle verweigern dürfen, paßt der Führung nicht. In einem internen Rechtsgutachten wird festgehalten, daß nur Militärs, die herausgehobene Funktionen als Regierungsberater haben, dazu berechtigt seien, rechtswidrige Befehle zu mißachten. Denn nur sie hätten die erforderliche Übersicht und den nötigen Einfluß. Diese Haltung lehne ich ab, weil einfache Soldaten nicht dümmer sind und genauso viel Anspruch auf ein Gewissen haben. Andererseits ist dieses Gutachten insofern eine Steilvorlage: Ich kann jetzt ganz klar sagen, daß zumindest die Spitzenmilitärs auch wirklich verantwortlich sind. Der Generalinspekteur und die Inspekteure der Teilstreitkräfte – wenigstens diese hätten auf die Einhaltung des Grundgesetzes pochen müssen. Und primär diese habe ich ja in meinem Artikel angesprochen. 

... und damit deren Ehre verletzt?

Die Ehre messe ich am Diensteid. Ich habe auf das »Recht und die Freiheit des deutschen Volkes« geschworen, und ich bin dazu verpflichtet, Grundgesetz und Völkerrecht zu achten. Es würdigt sich derjenige herab, der das Recht bricht, nicht derjenige, der das Recht verteidigt. 

Wie gehen Sie mit Ihrer Maßregelung um?

Ich habe Beschwerde beim Streitkräfteunterstützungskommando eingelegt, von dem ich aber nicht viel erwarte. Spannend wird es vor dem Truppendienstgericht. Zur Not gehe ich auch vors Bundesverfassungsgericht. Ich will eine Grundsatzentscheidung bewirken. Es geht nicht nur um meine persönliche Meinungsfreiheit: Es kann doch nicht sein, daß die Bundesregierung in Tatgemeinschaft mit der Bundeswehrführung einen Angriffskrieg unterstützt und daraufhin nichts passiert. Ich will einen Gerichtsbeschluß, der den Irak-Krieg ächtet und ein für allemal unterstreicht, daß der Krieg und die Beihilfe dazu völkerrechts- und verfassungswidrig waren. 

Interview: Frank Brendle  


Soldat und Meinungsfreiheit
Die Bedeutung von Meinungs- und Pressefreiheit im Rahmen der Inneren Führung
von Jürgen Rose

„Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ‘Gerechtigkeit’, sondern weil all das Belehrende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ‘Freiheit’ zum Privilegium wird.“
Rosa Luxemburg

„Ich hab‘ hier bloß ein Amt und keine Meinung.“
Oberst Gustav Wrangel, in: «Wallensteins Tod» von Friedrich Schiller

Wie allen Staatsbürgern steht das durch die Verfassung garantierte Grundrecht der freien Meinungsäußerung – allerdings gesetzlich eingeschränkt – auch den Soldaten zu. Dennoch war und ist die Wahrnehmung dieses Grundrechtes für den »Staatsbürger in Uniform« zuweilen mit durchaus nicht unerheblichen Risiken verbunden, insbesondere dann, wenn er mit seiner geäußerten Meinung dezidiert von derjenigen abweicht, die von der politischen Leitung oder der militärischen Führung als verbindlich erachtet wird. Die in einer Demokratie eigentlich zu erwartende Toleranz findet dann gewöhnlich sehr schnell ein Ende und weicht habitueller Sanktionierung. Die Beispiele hierfür sind Legion: Als auf dem Höhepunkt der NATO-Doppelbeschluß-Debatte Anfang der achtziger Jahre der Chef einer Panzergrenadierkompanie in Immendingen gemeinsam mit dem dortigen Bürgermeister in der Öffentlichkeit eine Petition abgab, die Stadt zu einer »Nuklearwaffenfreien Zone« zu erklären, wurde er disziplinar gemaßregelt und mußte daraufhin bis vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen, um rehabilitiert zu werden. Als Mitglieder des Arbeitskreises „Darmstädter Signal“ sich in einer gemeinsamen Erklärung zum sogenannten „Soldatenurteil“ des Landgerichtes Frankfurt vom 20. Oktober 1989 äußerten, leitete der damalige Verteidigungsminister Stoltenberg eine massive Kampagne gegen die Unterzeichner ein, die in der Verhängung maßloser Disziplinarmaßnahmen bis hin zur Degradierung endete. Erst vor dem Bundesverfassungsgericht konnten die Betroffenen zu ihrem Recht gelangen. Ein altgedienter Oberst an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg wurde mit Erzieherischen Maßnahmen gemaßregelt, weil er in diversen Leserbriefen und Privatkorrespondenzen (!), die später durch die Indiskretion des Empfängers an die Öffentlichkeit gelangten, seinen Dienstgrad genannt hatte. Auch er konnte sein Recht erst vor dem Bundesverwaltungsgericht erstreiten.
Ungeachtet der grund- und soldatengesetzlichen Regelungen befinden sich die Profession des Soldaten und das Recht auf freie Meinungsäußerung realiter oftmals in einem prekären Verhältnis – Anlaß genug, die Problematik näher zu beleuchten. Dies soll in vier Schritten geschehen: Zunächst folgen einige grundsätzliche Überlegungen zur Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Demokratie; daran schließen sich Ausführungen zur verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Verankerung der Meinungsfreiheit von Soldaten in der Bundesrepublik Deutschland an. In einem dritten Schritt soll die Rolle der Meinungsfreiheit des Soldaten im Rahmen der Konzeption der Inneren Führung näher beleuchtet werden. Schließlich werden vier Thesen für die Entwicklung einer freien und demokratischen Diskussionskultur im Militär formuliert.

1. Die Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Demokratie
Jeder Mensch hat, allein aufgrund des Faktums seines Menschseins, ein Recht auf allgemeingesetzlich bestimmte und gesicherte äußere Freiheit . Einziger Rechtsgrund für die Existenz des Staates und seine Herrschaftsausübung ist die Sicherung der gesetzlichen Freiheit seiner Bürger. Das Recht zur Ausübung staatlicher Herrschaft beschränkt sich auf die Schaffung der notwendigen Bedingungen, unter denen jeder äußerlich frei ist. Im Rahmen dieser rechtsphilosophischen Axiomatik leiten sich das Recht der Meinungsfreiheit und das Recht auf Pressefreiheit als spezielle Grundrechte aus dem vorgenannten allgemeinen Freiheitsrecht ab. Ideengeschichtlich sind sie in der Epoche der Aufklärung zu verorten und mit der Forderung nach Gedanken- oder Geistesfreiheit verknüpft, die als Grundvoraussetzung einer menschenwürdig verfaßten Gesellschaft gilt. Eine Staatsordnung, die dem Achtungsanspruch der Persönlichkeit gerecht wird, kann nur verwirklicht werden, wenn der einzelne Staatsbürger die Möglichkeit besitzt, sich im Streit der Meinungen und Weltanschauungen frei von Gesinnungsterror oder auch nur indirektem staatlichen Druck stets aufs neue für eine selbständige und im wahren Sinn des Wortes eigene Position zu entscheiden . Das Bundesverfassungsgericht hat dies so formuliert: „Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt; schon das verleiht ihm besonderes Gewicht. Darüber hinaus ist es für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend, denn es ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist. Es ist in gewissem Sinne die Grundlage jeder Freiheit überhaupt.“ 
Was ist nun überhaupt eine Meinung und was bedeutet Meinungsfreiheit? Wiederum in Anlehnung an das Bundesverfassungsgericht ist unter Meinungsfreiheit die Freiheit zu verstehen, Meinungen zu haben und zu äußern. In diesem Zusammenhang sind Meinungen Urteile jeder Art, insbesondere Werturteile, also wertende Betrachtungen von Tatsachen, Verhaltensweisen oder Verhältnissen. Der umfassende Charakter des Rechts auf Meinungsfreiheit, das sich auf jede denkbare Meinung erstreckt, impliziert, daß es irrelevant ist, ob ein Urteil richtig oder falsch, ob es emotional oder rational begründet ist, schließlich, ob die Meinung „wertvoll“ ist oder nicht. Das von dem Philosophen Paul Feyerabend formulierte Diktum „anything goes“ findet seine vollkommenste Bestätigung sicherlich hier auf dem freien Markt der Meinungen.
Worin aber liegt der tiefere, der philosophische Sinn der Forderung nach Meinungsfreiheit? Inwiefern ist die Meinungsfreiheit konstitutiv für menschliche Würde und Freiheit schlechthin? Zur Beantwortung dieser Frage läßt sich exemplarisch einer der klassischen Denker des Liberalismus heranziehen, der Mitte des 19. Jahrhunderts diese Fragen mit unübertroffener Schärfe und Prägnanz abgehandelt hat, nämlich John Stuart Mill. Im zweiten Kapitel seines 1859 verfaßten Werkes „On Liberty“ (deutscher Titel: „Über die Freiheit“)  schreibt er „Über die Freiheit des Gedankens“. Ohne an dieser Stelle seinen Argumentationsgang in der eigentlich gebotenen Komplexität präsentieren zu können, muß eine Beschränkung auf seine Zusammenfassung am Ende des genannten Kapitels erfolgen, wo er vier Gründe anführt, welche die Notwendigkeit der „Freiheit der Meinung“ und der „Freiheit, diese auch auszudrücken“ belegen sollen: 
„Erstens: Wenn man eine Meinung zum Schweigen zwingt, so kann sie doch, soweit wir wissen können, richtig sein. Das zu leugnen, hieße unsere eigene Unfehlbarkeit beanspruchen.
Zweitens: Mag auch die zum Schweigen gebrachte Meinung irrig sein, so kann sie doch – was häufig genug vorkommt – ein Körnchen Wahrheit enthalten. Und da die allgemeine oder die vorwiegende Meinung über eine Sache selten oder niemals die ganze Wahrheit enthält, hat der übrigbleibende Teil nur durch Zusammenprallen entgegengesetzter Meinungen Gelegenheit, unterstützt zu werden.
Drittens: Selbst wenn die überlieferte Meinung nicht nur die Wahrheit, sondern sogar die ganze Wahrheit enthielte, so würden die meisten derer, die sie teilen, sie nur als eine Art Vorurteil annehmen, mit wenig Verständnis oder Sinn für ihre verstandesmäßige Begründung, wenn man nicht zuläßt, ja sogar darauf besteht, sie in vollem Ernst zu bekämpfen. Und nicht nur dies, sondern
Viertens: Auch der Sinn der Lehre selbst wird in Gefahr sein, verlorenzugehen oder geschwächt und seines lebendigen Einflusses auf den Charakter und die Handlungsweise beraubt zu werden. Das Dogma wird ein rein formales Bekenntnis, wirkungslos für das Gute, doch wird es den Grund überdecken und dadurch das Wachstum einer wirklichen, von Herzen gefühlten Überzeugung aus Vernunft oder Erfahrung verhindern.“ 
Soweit John Stuart Mill mit seiner zeitlos gültigen Begründung für die Meinungsfreiheit.
Nun bedarf es, um das Recht zur freien Meinungsäußerung in der Wirklichkeit auch wahrnehmen zu können, eines Instrumentariums rsp. eines Mediums. Hier kommt die Pressefreiheit ins Spiel. Zur Begründung der Pressefreiheit führt das Bundesverfassungsgericht aus: „Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates; insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich. Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muß er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung. In ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung; die Argumente klären sich in Rede und Gegenrede, gewinnen deutliche Konturen und erleichtern so dem Bürger Urteil und Entscheidung. In der repräsentativen Demokratie steht die Presse zugleich als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan  zwischen dem Volk und der Regierung. Sie faßt die in der Gesellschaft und ihren Gruppen unaufhörlich sich neubildenden Meinungen und Forderungen kritisch zusammen, stellt sie zur Erörterung und trägt sie an die politisch handelnden Staatsorgane heran, die auf diese Weise ihre Entscheidungen auch in Einzelfragen der Tagespolitik ständig am Maßstab der im Volk tatsächlich vertretenen Auffassungen messen können.“  Das Recht auf Pressefreiheit besitzt deshalb ein eigenes Gewicht, es stellt nicht bloß einen Unterfall der Meinungsfreiheit dar und ist nicht bloß in dieser enthalten, sondern begründet und gewährleistet die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung von Nachrichten und Meinungen.
Meinungs- und Pressefreiheit bedingen einander demnach; beide entsprechen zwei Seiten ein und derselben Medaille.
2. Die verfassungsrechtliche und gesetzliche Verankerung der Meinungsfreiheit des Soldaten in der Bundesrepublik Deutschland
In der Bundesrepublik Deutschland finden die rechtsphilosophischen Überlegungen zum Menschenrecht auf Freiheit sowie zur Meinungs- und Pressefreiheit ihre Materialisierung im Grundgesetz, wo in den ersten beiden Artikeln die Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, sowie im Artikel 5 die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit, ferner die Freiheit der Kunst und Wissenschaft  fixiert sind. Artikel 5, Abs.1 GG lautet: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Im Absatz 2 werden als Grenzen der Meinungsfreiheit die Vorschriften der allgemeinen Gesetze, die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und das Recht der persönlichen Ehre genannt. Innerhalb dieser Grenzen sind auch falsche, verwerfliche oder abwertende Meinungsäußerungen geschützt. Dies gilt namentlich auch für den Fall öffentlich geäußerter Kritik in der geistigen Auseinandersetzung, an deren Zulässigkeit auch mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen, wie das Bundesverfassungsgericht konstatiert hat . Die Grenzen der Meinungsfreiheit sind demnach sehr weit gezogen; grundsätzlich gilt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes die Vermutung zugunsten der Freiheit der Rede in allen die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Fragen. Nicht gedeckt durch das Recht auf Meinungsfreiheit sind unrichtige Zitate rsp. die  Deklarierung eigener Interpretationen als Zitat Dritter, ebenso Werturteile, welche die Menschenwürde antasten oder die als Schmähkritik zu verstehen sind, weil die Diffamierung einer Person im Vordergrund steht . Auch die bewußte oder erwiesenermaßen unwahre Tatsachenbehauptung wird nicht von Artikel 5 GG geschützt; unrichtige Information ist also kein schützenswertes Gut. Andererseits sind hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes umstrittene Tatsachenbehauptungen, die als Grundlage für die Meinungsbildung dienen, durchaus durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.
Wie steht es nun um das Recht des Soldaten, des »Staatsbürgers in Uniform«, auf freie Meinungsäußerung? Prinzipiell besitzt er die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger. Auf der Grundlage des Artikels 17a GG kann indes während der Zeit des Wehrdienstes das Grundrecht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz), eingeschränkt werden. Dies geschieht durch die einschlägigen Bestimmungen des Soldatengesetzes, zum Beispiel § 8 (Eintreten für die demokratische Grundordnung), § 10, Abs. 6  (Zurückhaltungspflicht des Vorgesetzten), § 12 (Kameradschaftspflicht), § 14 (Verschwiegenheitspflicht),  § 15 (Politische Betätigung) und § 17 (Verhalten in und außer Dienst) aber auch die Weisungen und Erlasse, beispielsweise den Erlaß „Private Veröffentlichungen und Vorträge“ vom 1. Oktober 1982 (VMBl 1982, S. 211f). So darf der Soldat im Dienst sich nicht zugunsten oder zuungunsten einer bestimmten politischen Richtung betätigen,  muß er sich so verhalten, daß die Gemeinsamkeit des Dienstes nicht ernstlich gestört wird, darf er insbesondere nicht als Werber für eine politische Gruppe wirken. Aufgrund seiner dienstlichen Stellung ist er bei Meinungsäußerungen zu Mäßigung, Zurückhaltung, Takt und Loyalität gegenüber dem Dienstherren verpflichtet. Über dienstliche Angelegenheiten und Dienstgeheimnisse muß er schweigen. Bei privaten Meinungsäußerungen darf nicht der Eindruck amtlichen Charakters entstehen.
Allerdings enthält der Artikel 17a eine grundsätzliche Bestandsgarantie der staatsbürgerlichen Grundrechte insofern, als diese nicht völlig, sondern nur so weit eingeschränkt werden dürfen, wie dies zur Durchführung der militärischen Aufgaben notwendig ist. Das maßgebliche Kriterium im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Meinungsäußerung durch Soldaten besteht also darin, ob durch sie die Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit der Bundeswehr konkret gefährdet werden oder nicht.
Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner ständigen Rechtsprechung festgestellt: „Soldaten haben nach § 6 Satz 1 SG daher die gleichen staatsbürgerlichen Rechte wie jeder andere Staatsbürger. Diese Bestimmung bildet die Grundlage der Wehrverfassung und verdeutlicht das Leitbild vom »Staatsbürger in Uniform«. Dem Soldaten steht demnach auch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu. Er hat mithin das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Als Staatsbürger und Soldat kann er sich dabei auch kritisch mit politischen Fragen, insbesondere solchen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, auseinandersetzen und dabei selbst in Widerspruch zu Meinungen von Vorgesetzten und Kameraden geraten; er darf in diesem Zusammenhang sogar grundsätzlich auf seine Zugehörigkeit zur Bundeswehr durch Angabe seines Dienstgrades hinweisen.“ 
Unter Bezugnahme auf diese Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichtes konstatiert der Führungsstab der Streitkräfte I 4 in seinen G1-Hinweisen zur „Politischen Betätigung von Soldaten im außerdienstlichen Bereich“ demgemäß: „Jeder Soldat kann daher außerdienstlich grundsätzlich seine Meinung frei äußern, auch wenn es sich dabei um politische Themen handelt und seine Auffassung von der politischen Linie der Regierung abweicht“, und: „Meinungsäußerungen unter Angabe des Dienstgrades in Form einer Leserzuschrift oder eines offenen Briefes sind rechtlich unbedenklich.“  Diese prima facie sehr liberal und knapp gefaßten Bestimmungen werden indes in zehn von insgesamt elf Absätzen durch eine Vielzahl formaler Einschränkungen relativiert und quasi zurückzuholen versucht. Insbesondere wird in diesem Zusammenhang auf die schon erwähnte Pflicht zur Zurückhaltung und Mäßigung rekurriert. Dieser Versuch, die Freiheit zur Meinungsäußerung, wenn man sie schon inhaltlich nicht zurückweisen kann, so doch über formale Fesselung ihrer Wirksamkeit zu berauben, ist weder neu noch originell: Der zuvor schon erwähnte John Stuart Mill beschloß seine Ausführungen zur Meinungsfreiheit, indem er sich denen widmete, „die da meinen, der freie Ausdruck aller Gedanken sollte gestattet sein unter der Bedingung, daß es in maßvoller Weise geschähe und man die Grenzen fairer Diskussion nicht überschritte.“  Im Hinblick auf diese Forderung merkt er an, daß sich „viel … darüber sagen [ließe], wie unmöglich es ist zu fixieren, wo man diese Grenzen zu ziehen hätte. Denn wenn der Prüfstein dafür der Ärger derjenigen ist, die man angreift, so lehrt die Erfahrung, wie ich glaube, daß das Ärgernis immer eintritt, sobald man die Attacke eindrucksvoll und machtvoll führt, und daß jeder Gegner, der sie kräftig anpackt und dem sie schwer entgegnen können, ihnen – wenn er bei der Gelegenheit etwas erregt ist – als unbeherrschter Widersacher erscheint.“  Als fundamentaleren Einwand gegen die Definition formaler Kriterien zur Einschränkung der Meinungsfreiheit führt er jedoch an, daß sich Verstöße gegen jene kaum jemals konzis nachweisen ließen. Als solche nennt er: „… sophistische Beweisführung, Unterdrückung von Fakten oder Beweisgründen, Verdrehung der Grundtatsachen des Falls und falsche Darstellung der gegnerischen Meinung. Alles dies aber wird – selbst im schlimmsten Grade – fortwährend in vollkommen gutem Glauben getan, von Personen, die man nicht für dumm oder unfähig hält und die in vieler anderer Beziehung diesen Vorwurf auch nicht verdienen, so daß es selten möglich ist, aus zureichenden Gründen die falsche Darstellung nach bestem Wissen und Gewissen als moralische Schuld hinzustellen, noch weniger kann das Gesetz sich anmaßen, in diese Art polemischen Mißverhaltens einzugreifen. Hinsichtlich dessen, was man gewöhnlich unter ungezügelter Diskussion versteht, nämlich: Grobheiten, Sarkasmen, persönliche Angriffe und dergleichen, würde das Aufzeigen solcher Waffen mehr Sympathien verdienen, wenn vorgeschlagen würde, sie auf beiden Seiten zu verbieten. Aber man wünscht nur, ihren Gebrauch gegen die vorherrschende Meinung zu untersagen; gegen die entgegengesetzte mag man sie nicht nur ohne allgemeine Mißbilligung gebrauchen, sondern wahrscheinlich wird man den, der sie anwendet, wegen seines ehrenhaften Eifers und seiner gerechten Entrüstung noch preisen.“  Der entscheidende Einwand gegen die Versuche, die Freiheit der Meinungsäußerung aufgrund formaler Kriterien von Staats wegen qua Gesetz einzuschränken, lautet also, daß derartige Kriterien nicht präzise und trennscharf zu definieren, mithin nahezu beliebig interpretierbar sind und somit die Gefahr besteht, daß durch entsprechende Eingriffe des Staates das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung selbst ausgehöhlt oder ausgehebelt werden könnte.
Diese theoretischen rechtsphilosophischen Überlegungen Mills finden sich in der Praxis der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes bestätigt. Hervorzuheben ist in diesem Kontext die zentrale Aussage des Bundesverfassungsgerichtes, daß in der öffentlichen Auseinandersetzung auch Kritik hingenommen werden muß, die in überspitzter Form geäußert wird, „weil anderenfalls die Gefahr einer Lähmung oder Verengung des Meinungsbildungsprozesses droht“ . Ihrer Intention und Gewährleistungsfunktion nach gelten diese zu Artikel 5 I GG entwickelten Grundsätze gleichermaßen für zivile Bürger und Soldaten . Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht konstatiert, daß der Sinn jeder zur Meinungsbildung beitragenden Äußerung darin besteht, Aufmerksamkeit zu erregen  und daß angesichts der heutigen Reizüberflutung aller Art einprägsame, auch starke Formulierungen gewählt werden müssen ; da das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung die Funktion der öffentlichen Meinungsbildung sichern soll, müssen Äußerungsformen geschützt werden, die im harten Mediengefecht als Instrument der Auseinandersetzung taugen .
3. Die Meinungsfreiheit im Rahmen der Konzeption der Inneren Führung
Warum aber sollte der Soldat eigentlich in den Genuß des Rechtes der Meinungsfreiheit kommen, scheint sein Daseinszweck doch gemäß dem von ihm zu leistenden Diensteid zuvörderst im „treuen Dienen“ und „tapferen Verteidigen“ zu bestehen? In bewußter Abkehr vom traditionellen Verständnis vom Militär als einer Institution „sui generis“ hatte Generalleutnant Wolf Graf von Baudissin in der Gründungsphase der neuen deutschen Bundeswehr die Konzeption der »Inneren Führung« entworfen, die bis heute quasi ihre „Verfassung“ konstituiert, zugleich oftmals auch als die „Philosophie“ rsp. die „Führungsphilosophie“ der Streitkräfte apostrophiert wird. Während die Konzeption der deutschen Armeen in der Vergangenheit darauf beruhte, daß der Soldat mit dem Bürger nichts gemein hatte, sollte der Soldat der Bundeswehr den »Staatsbürger in Uniform« verkörpern. Während der Soldat in der Vergangenheit sich mit seinem Eintritt in die Truppe anderen Normen und Wertmaßstäben, nämlich in allererster Linie Gehorsam, Mut, Pflichterfüllung und Treue als Tugenden, denen er zu dienen hatte, unterstellte und er als Individuum wenig bis gar nichts galt, sollten  dem zivilen Bürger im militärischen Dienst der Bundeswehr seine ihm qua Verfassung verbrieften grundlegenden Menschen- und Bürgerrechte, die er im Ernstfall unter Einsatz seiner Gesundheit und seines Lebens ja verteidigen soll, weiterhin garantiert bleiben. In Anbetracht der Funktionsimperative, die in einer tendenziell „totalen Institution“ vorherrschen, wie der Sozialwissenschaftler Goffman sie beschreibt und wie das Militär sie darstellt, war dies allerdings eine gewagte, ja revolutionäre Idee. Innere Führung will die in einem auf der strikten Geltung von Befehl und Gehorsam basierenden, an streng hierarchischen Ordnungsmustern organisierten System herrschende Unterdrückung menschlicher Individualität überwinden. Zugleich soll durch die Etablierung des Leitbildes vom kritischen, zu eigenem Urteil befähigten und zivilcouragierten Staatsbürger in Uniform der elende Untertanengeist im Militär ein für allemal verschwinden.
Während das deutsche Militär vergangener Zeiten von einer elitär-solidarischen Gesinnung, dem sogenannten Korpsgeist, geprägt war, der zu jenem verhängnisvollen Denken vom „Staat im Staate“ führte, bestand das tatsächlich Revolutionäre des Ansatzes des Generals von Baudissin zur Militärreform vor allem darin, daß das Militär demokratietauglich und kompatibel mit einer pluralistischen Gesellschaft gemacht werden sollte, indem ihm der Nährboden für das Milieu atavistischer militärischer Gesinnung entzogen wurde. Solchermaßen sollte der gesellschaftspolitischen Selbstisolation rsp. Isolation der Streitkräfte entgegengewirkt und die Integration der Streitkräfte in den demokratisch-pluralistischen Staatsaufbau und ihre Übereinstimmung mit einer offenen, pluralistischen Gesellschaftsform gefördert werden.
Ihre verfassungsrechtliche Bestätigung und Grundlage findet die Konzeption der »Inneren Führung« im schon erwähnten Artikel 17a des Grundgesetzes, durch dessen enumerative Beschränkungsnorm sichergestellt wird, daß auch für den Soldaten der Grundrechtekatalog in seinem Wesensgehalt gilt. Einer der namhaftesten bundesrepublikanischen Verfassungsrechtler, Günter Dürig, beschrieb die gleichzeitige Not und Größe einer Armee, wie sie das Grundgesetz festlegt: „Not insofern, als heute weder die Armee als staatliche Institution noch der Soldat als einzelner etwas Besonderes im Verhältnis zu anderen staatlichen Institutionen und anderen Staatsbürgern ist; Not auch insofern, als in der Sicht der Kommandeure eine verteidigungsbereite Mannschaft mit ›entbürgerlichten Nur-Soldaten‹ naturgemäß viel leichter auszubilden ist als mit Menschen, die in die Armee auch wesentliche Bestandteile ihrer Bürgerstellung noch mit einbringen. Größe insofern, als hiermit (endlich einmal) der in der deutschen Geschichte so unglückliche Dualismus zwischen ›Bürger‹ und ›Soldat‹ und damit auch zwischen ›Staat‹ und ›Armee‹ überwunden werden kann; Größe aber auch in der Sicht der Kommandeure insofern, als sie Bürger voraussetzen können, die eigenverantwortlich wissen, warum sie dienen und im Verteidigungsfall kämpfen.“ 
Was nun die Freiheit der Meinungsäußerung angeht, so ist dieses Recht mit der Konzeption der Inneren Führung und dem Leitbild des Staatsbürgers in Uniform untrennbar verbunden. Dieser Nexus wird auch regierungsamtlich bestätigt . Sowohl von Baudissin als auch die verfassungsrechtlichen Bestimmungen knüpfen damit an grundlegende Überlegungen zur Meinungsfreiheit aus der Zeit der Aufklärung an, wie sie beispielsweise der Philosoph Immanuel Kant 1783 in seinem Traktat zur „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“  formuliert hat. Er geht vorderhand von der Prämisse aus, daß Aufklärung „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ sei, wobei die Unmündigkeit in der Unfähigkeit bestehe, „sich seines Verstandes ohne die Leitung eines anderen zu bedienen“, und das eigene Verschulden an der Unmündigkeit dann gegeben sei, „wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“  Um das Ziel der Aufklärung zu erreichen, hält Kant nur eines für erforderlich, nämlich Freiheit; „und zwar die unschädlichste unter allem, was nur Freiheit heißen mag, nämlich die: von seiner Vernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu machen.“ Messerscharf erkannte der Philosoph, wo sich gegen dieses Freiheitspostulat Widerstand formieren würde: „Nun höre ich aber von allen Seiten rufen: räsonniert nicht! Der Offizier sagt: räsonniert nicht, sondern exerziert! Der Finanzrat: räsonniert nicht, sondern bezahlt! Der Geistliche: räsonniert nicht, sondern glaubt!“  Gegen die anti-aufklärerischen und anti-liberalen Instinkte aus dem Militär, der Bürokratie und dem Klerus setzt Kant seine Forderung, daß jeder Bürger von seiner Vernunft öffentlich freien Gebrauch machen dürfe, worunter er versteht „vor dem ganzen Publikum der Leserwelt“, sozusagen „als Gelehrter“, seine Gedanken und Meinungen zur Diskussion zu stellen. Davon unterscheidet er den Privatgebrauch, den jemand in seiner Eigenschaft als Inhaber eines öffentlichen Amtes oder bürgerlichen Postens von seiner Vernunft macht; dieser dürfe durchaus eingeschränkt werden: „Hier ist es nun freilich nicht erlaubt zu räsonnieren; sondern man muß gehorchen.“  Was die Meinungsfreiheit der Soldaten anbelangt, so äußert sich Kant sehr dezidiert: „So würde es sehr verderblich sein, wenn ein Offizier, dem von seinen Oberen etwas anbefohlen wird, im Dienste über die Zweckmäßigkeit oder Nützlichkeit dieses Befehls laut vernünfteln wollte; er muß gehorchen. Es kann ihm aber billigermaßen nicht verwehrt werden, als Gelehrter, über die Fehler im Kriegsdienste Anmerkungen zu machen, und diese seinem Publikum zur Beurteilung vorzulegen.“  Gerade auch was die Soldaten betrifft, ist demzufolge aus rechtsphilosophischer Sicht gegen die Freiheit zur Meinungsäußerung nicht das geringste einzuwenden.
Diese fundamentalen Gedanken fanden nicht nur, wie schon erwähnt, Eingang in die Konzeption des Generals von Baudissin. Auch in der Folgezeit wiesen maßgebliche Repräsentanten aus Militär und Politik immer wieder auf den Stellenwert freier Diskussion innerhalb und außerhalb der Streitkräfte hin. So merkte beispielsweise General Ulrich de Maizière, einer der ersten Generalinspekteure der Bundeswehr, hierzu an: „Auch die Weiterentwicklung der inneren Ordnung der Bundeswehr vollzieht sich in der Form der Diskussion, Diskussion nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch innerhalb der Streitkräfte. … Diskussion und Gehorsam schließen sich nicht aus. … Ein stärkeres Maß an Diskussion in den Streitkräften ist die natürliche Folge der Erkenntnis, daß es eine Homogenität des militärischen Führerkorps im Sinne früherer Zeiten nicht mehr gibt. Hier spiegeln sich deutlich die gesellschaftlichen Entwicklungen in der Bundeswehr wider. Ich bedauere diese Nonkonformität nicht, sofern über Auftrag und Zielsetzung gemeinsame Grundauffassungen bestehen. Sie entspricht der Vorstellung von Soldaten als mündigen Staatsbürgern.“ 
Der frühere Verteidigungsminister Helmut Schmidt betonte vor dem Deutschen Bundestag, daß „Generale  … das Recht auf Meinungsfreiheit in der Bundeswehr [haben], Leutnante, Unteroffiziere und Wehrpflichtige auch. Wir leben in einer pluralistischen Gesellschaft. Die Bundeswehr ist eine pluralistische Armee. Es fällt einigen älteren Angehörigen des Offizierkorps schwer, diesen Tatbestand zu akzeptieren. … Wir haben auch ein pluralistisches Offizierkorps. Es wird in dieser Gesellschaft kein homogenes Offizierkorps mehr geben. Ich bin darüber gar nicht traurig. Ich finde das ganz richtig; denn es zeigt den Integrationsgrad, den Grad der Durchdringung in die Gesellschaft hinein, der hier besteht.“ 
Fritz Erler zeigte die Vorzüge einer freien Debatte in der Öffentlichkeit auch für die Streitkräfte auf: „Militärische Angelegenheiten werden in der Presse breit diskutiert, manchmal vielleicht zum Ärger und zum Schaden der unmittelbar betroffenen Kreise. Doch ist dies eine gesunde Entwicklung, denn die öffentliche Debatte kann Besserung bewirken und notwendige Korrekturen erzwingen. In der Bundesrepublik Deutschland werden die Soldaten nicht mehr, wie früher, vom normalen Leben des Volkes ausgeschlossen.“ 
Auch eine konservative Bundesregierung postulierte: „… [M]it der Konzeption der Inneren Führung und dem Leitbild vom Staatsbürger in Uniform ist die Freiheit der Meinungsäußerung untrennbar verbunden, damit eine Uniformität des Denkens in den Streitkräften vermieden und die geistige Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten angeregt wird. In den Zeitschriften der Truppeninformation gilt es daher, Meinungsbildung, Meinungsaustausch, Erfahrungsaustausch und Diskussion anzuregen sowie die geistige Auseinandersetzung zu fördern. Auch für Soldaten wird eine Meinungskontrolle oder Einschränkung nicht erfolgen, solange sie nicht gegen gesetzliche Auflagen oder den Primat der Politik verstoßen.“  Solch Botschaft hört man gern, allein es fehlt der Glaube: Das Problem nämlich besteht darin, daß Anspruch und Wirklichkeit zuweilen doch weit auseinanderklaffen. 
Die mancherorts in der Bundeswehr in Anbetracht der neuen Auftragslage zur Disposition gestellte Konzeption der Inneren Führung bedarf insgesamt dringend einer Revitalisierung. In diesem Zusammenhang muß auch der insbesondere in der militärischen Führungsspitze nicht sonderlich geschätzten Meinungsfreiheit von Soldaten Aufmerksamkeit gewidmet werden. Im Hinblick darauf seien die folgenden Thesen zur Diskussion gestellt.
4. Thesen für eine freie und demokratische Diskussionskultur im Militär
· Der Grad der Integration der Bundeswehr in die demokratische Staats- und Gesellschaftsordnung spiegelt sich in der öffentlich geführten Debatte wider. Je mehr der Bürger den Eindruck gewinnen kann, daß Soldaten über essentielle Themen der Sicherheitspolitik in gleichermaßen kontroverser Manier diskutieren wie die zivile Öffentlichkeit auch, desto eher ist die Bundeswehr in die kommunikative Lebenswelt aller Bürger integriert. Umgekehrt gilt, daß Versuche der politischen Leitung und militärischen Führung, von oben Homogenität und Einheitlichkeit der Rede in der Öffentlichkeit zu verordnen, dort eher Mißtrauen erregen, den Verdacht erwecken, etwas verheimlichen oder das Publikum hinters Licht führen zu wollen und somit die Institution des Militärs eher als Fremdkörper in der demokratisch-pluralistischen Gesellschaft erscheinen lassen. Kurz gesagt: Integration erfordert Diskussion und Dialog, gerade in und mit der Öffentlichkeit!
· Als Lackmustest für die demokratische Reife und Kultur der Institution Bundeswehr erweist sich der Umgang mit Kritikern von außerhalb, aber auch innerhalb der Streitkräfte. Diskussionsverbote der Art, daß Jugendoffizieren untersagt wird, sich auf dem Podium mit Vertretern des „Darmstädter Signals“ zu streiten, Stigmatisierung oder gar Exkommunikation von Kritikern nach dem Motto: „Dann suchen Sie sich doch eine andere Armee!“, zeugen eher von mangelnder Souveränität, Intoleranz und fehlendem Vertrauen in die Überzeugungskraft der eigenen Argumente. Meinungsfreiheit für Soldaten darf nicht mißinterpretiert werden als die Freiheit, öffentlich die Meinung der politischen Leitung und militärischen Führung vertreten zu dürfen. Im Gegenteil: Ohne Angst vor Repressalien dezidiert auch abweichende Positionen vertreten zu können, frei nach Rosa Luxemburg also die Freiheit Andersdenkens und Andersredens zu nutzen, ist Indikator für eine liberale Gesinnung und ein demokratisches Selbstverständnis des Militärs. 
· Die Rolle und Funktion der Truppenzeitschriften als Medien der politischen Bildung und als Foren für die offene, kritische und kontroverse Diskussion in der Bundeswehr muß wiederbelebt werden. Jene sind wichtig für die Gestaltung von aktuellen Informationen und Unterrichten sowie für das persönliche Selbststudium; kurz gesagt: für die unbedingt erforderliche Bildung politischer Urteilskraft. Indes läßt sich an Beispielen empirisch belegen, daß Zeitschriften wie »Information für die Truppe«,  »Y.«  oder die mittlerweile eingestellte »Truppenpraxis/Wehrausbildung« durch das Bundesministerium der Verteidigung kontrolliert und zensiert werden. Realiter taugen die angesprochen Zeitschriften nur sehr eingeschränkt als Foren für einen freien und offenen Diskurs über sicherheits- und gesellschaftspolitische Themen in den Streitkräften. In aller Regel besitzen sie eine einseitige Sprachrohr-Funktion für das Bundesministerium der Verteidigung. Die Redaktionen sind gezwungen, den von dort vorgegebenen Sprachregelungen zu folgen. Durch ein derart anti-aufklärerisches, feudalistisch geprägtes Handeln auf höchster Ebene muß der kritisch-loyale, zum eigenständigen politischen Denken und Urteilen befähigte Staatsbürger in Uniform notwendigerweise auf der Strecke bleiben.
· Anstatt Verfassungspatriotismus, freies, unabhängiges Denken und offene, auch öffentliche Diskussion zu fördern und zu fordern, wird einem falsch verstanden Primat der Politik, einem rein personalen Loyalitätsverständnis und einem rigiden Korpsgeist gehuldigt. An die Stelle von aufrechtem Gang, Mut und Zivilcourage sind vielfach Opportunismus, Stromlinienförmigkeit und Karrierismus getreten. Primat der Politik bedeutet nicht, stets und überall beflissen die Auffassungen der politischen Leitung und militärischen Führung wiederzugeben und zu vertreten. Primat der Politik bedeutet Gehorsam im Handeln gegenüber den Anweisungen des Souveräns, soweit dies mit Recht und Gesetz sowie dem eigenen Gewissen in Einklang zu bringen ist. Eine der Grundpflichten des Soldaten besteht demnach im Gehorsam, nicht jedoch darin, die erhaltenen Aufträge und Befehle kritiklos gutzuheißen. So wie der Soldat als Befehlsempfänger es ertragen muß, unbequeme Befehle auszuführen, so muß der Befehlsgeber es ertragen, daß diese diskutiert und kritisiert werden, solange ihnen nur Folge geleistet wird. Ganz im Sinne Immanuel Kants muß die Maxime lauten: „Räsonniert, soviel ihr wollt, und worüber ihr wollt; nur gehorcht!“ 
Dipl. Päd. Jürgen Rose ist Oberstleutnant der Bundeswehr. Er vertritt in diesem Beitrag nur seine persönlichen Auffassungen.
 

(c) Andreas Hauß, Juni 2006 http://www.medienanalyse-international.de/ueberblick.html
Aktuelles: http://www.medienanalyse-international.de/index1.htm
Im Übrigen bewundere ich Frau Klarsfeld.