(c) Andreas Hauß November 2000

Potemkinsche Dörfer wieder im Kommen
 

                                         Sonntag, 12.11.      14:30

                                    Mit der Air Force One nach Indien

                                     NDR      Länge: 30 Minuten

                                    Ein Reisebericht von Claus Kleber
                                    Die Wahlen in den USA sind vorüber, ein
                                    neuer Präsident gewählt - und Bill Clinton
                                    hat nur noch wenige Wochen Amtszeit vor
                                    sich. Ein mächtiger Mann nimmt Abschied
                                    von der Weltpolitik. Die WeltBilder zeigen
                                    einen Blick hinter die Kulissen der Macht.
                                    ARD-Korrespondent Claus Kleber hatte
                                    Gelegenheit, Bill Clinton auf einer seiner
                                    letzten großen Auslandsreisen zu begleiten.
                                    Mit 70 Flugzeugen reiste die Entourage des
                                    Präsidenten und seiner Tochter Chelsea
                                    Anfang des Jahres nach Indien. Zu Ehren der
                                    Gäste und für ihre Sicherheit wurden dort
                                    Häuser abgerissen und Straßen geputzt.
                                    Zufallsbegegnungen mit dem Volk dagegen
                                    wurden vermieden und selbst, wer sich schon
                                    sicher war, den Präsidenten treffen zu
                                    dürfen, wurde oft enttäuscht. Zu kurzfristig
                                    wurden die Reisepläne verändert.
                                    Wenn die Air Force One unterwegs ist, reist
                                    ein moderner Hofstaat mit.
Soweit die Beschreibung des Films seitens der ARD. Das darf gesagt, das darf gezeigt werden. Zu sehen war auch ein wenig mehr als "Häuser abgerissen und Straßen geputzt".
Es wurde auch ein halbes Dorf in den Innenhof der US-Botschaft verfrachtet - natürlich wieder aus Sicherheitsgründen. Eine Milchkooperative mußte mal eben in ein anderes Dorf verlegt werden, näher an den US-Präsidenten heran. Der Taj Mahal wurde für das gemeine Volk gesperrt, das Laub im Park dort von Hand weggelesen.
In Indien und Pakistan geht so etwas problemlos. Die TV-Bilder waren wunderschön, und dem US-Fernsehpublikum wurde nicht gesagt, daß Hollywood  Pate stand, daß die gezeigten indischen Menschen nur Staffage in einer großen bunten Kulisse bildeten.
Ja die Amis - ja die Inder!
Bei uns wäre so etwas sicherlich nicht möglich. Für Clinton in Köln wurde der Dom nicht verrückt (nur die Menschen wurden aus der Stadt weggesperrt), und für Clinton in Aachen wurde der Kaiserthron immerhin nicht weiß gestrichen.
In Deutschland werden blühende Landschaften geschaffen, und die sind echt. Die Autobahnen sind die besten ganz Deutschlands, die Bahn wird bald ganz abgeschafft, Leipzig und Quedlinburg, Berlin und Stralsund erhalten ein neues "Outfit", bunter und schöner als in der grauen DDR. Und eine halbe Million Plattenwohnungen werden eben mal weggerissen. Nicht nur ein Apothekerladen, der den Wendekreis der Präsidentenlimousine stören könnte, wie in Indien.
Aufbau und Abriß sind in Deutschland ganz echt, gründlich und dauerhaft.