über die form ...
Anmerkungen zu einem Sachgebiet, die gerade auf diesen Seiten nur schwerlich vermutet werden durften - und es zeigt sich Widerspruch schon mit der Überschrift: F orm, mit großem F 
Beginnen wir mit "dem Kürschner".
Das ist das Handbuch des Deutschen Bundestages, also ein Büchlein, das wir tagtäglich bei uns haben, rechts, auf dem Schreibtisch, neben der Lampe. 
Quatsch, das.

Aber fragen Sie Ihren Bunztagsabgeordneten, der hat ihn, den Kürschner, und braucht ihn. Da steht alles drin, wo die Stimmkärtchen sind, die Ausschüsse, Statistiken, und dass die Deckel der Toiletten von Kokainresten zu säubern seien. 
Wieder Quatsch. 

Ernsthaft:

Der Kürschner beginnt mit der Beschreibung der Kuppel des Reichstags und arbeitet sich dann nach unten vor. In der Metapher, und auch in der Sache. Da gibt es die Verwaltung des Bundestages, dies und das, die Fraktionsvorsitzenden, die Fraktionen, und dann, auf S. 27, gibt es die Abgeordneten.

Das mag zwar unserem Alltagsbewußtsein entsprechen, und evtl. sogar den cerebralen Windungen, so vorhanden, Ihres Abgeordneten - aber die Parlamentarier diverser Vorgängerparlamente würden sich im Grab umdrehen, läsen sie das. Warum?

Nun: nehmen Sie sich doch mal das Grundgesetz vor und suchen Sie dort nach Begriffen wie "Fraktion". Oder "Rürup-Kommission" oder "Hartz-Vorschläge". Da steht nichts von Verpflichtung eines Abgeordneten ihrem Fraktionsvorsitzenden gegenüber. Fraktionszwang? Was soll das sein? Das deutsche Volk, der Souverän, hat sie ab-geordnet, die Abgeordneten. Nach einer Ordnung, einer Regel sind sie abgeordnet. Die Ordnung ist das Grundgesetz. 

Und alles andere, das Kommissionsunwesen usw. sind Selbstenteierung des Parlaments. Da lassen sich Abgeordnete von der Bundestagsverwaltung kujonieren, der Bundestagspräsident macht ganz bestimmt nicht den Eindruck, er sei der zweite Mann im Staate, und der erste läßt sich von einem Kanzler gönnerhaft sagen, er dürfe noch einmal. 
Verfassungsrealität und -anspruch waren noch nie soweit entfernt voneinander wie heute. Der Kanzler erhöht sich nicht nur per Kasten: 

Erzeugt wird seit Jahren und Jahrzehnten - nicht nur bei Abgeordneten, sondern sogar Funktionsträgern bis hin zum Minister - ein systembedingtes Hosenscheissen in Verbindung mit erbärmlicher Dämlichkeit. Einige weitere Beispiele dazu, wie verkommen der "Planet Berlin" mittlerweile ist:

- handwerkliche Unfähigkeit eines Ministers:
Joschka, der abgetauchte Liebling seiner Nichtwähler, der seine Ersetzbarkeit täglich vorgeführt bekommt, dessen Ministerium mittlerweile konkurrieren muß mit 30 Mann, die sich im Kanzleramt nur mit Außenpolitik befassen, 
Joschka, der jedesmal, wenn er nach Israel fährt, in den Medien fast schon den Nahostfrieden herbeiverhandelt hätte, wenn, ja wenn er nicht immer zu früh abfahren müßte,
Joschka, der feststellen darf, dass er einer defacto Großen Koalition als Feigenblatt dient.
Joschka, unser schlankheitsbewußter, turnbeschuhter, nun befrackter Stirnfalten- per Tolle-Bedecker ist so eitel, dass er

im eigenen Aussenministerium vor laufender Kamera Englisch spricht, was Ami-Gäste sicherlich beeindruckt, wenn .... ja wenn sie sich nicht fragen, ob die Beherrschung der englischen Sprache mittlerweile weltweit so üblich geworden ist, dass die Herausstellung dieses Könnens von Weicheitum und Anbiederung kündet.
Kein Franzosen, Italiener oder Spanier würde als Repräsentant seines Staates in seinem Hause so tief sinken.

- Devotheit vor dem Big Boss
Da lassen sich die Außenminister der EU bei eineme Treffen in Brüssel, der EU-Hauptstadt, zum Thema Irakkrieg von Powell zur Befehlsausgabe in das Nato- Headquarter laden. Gut, das NATO-HQ sitzt auch in Brüssel, und es gibt eine große Schnittmenge bei diesen Außenministern, die EU- bzw. NATO-Staaten vertreten. Aber wer repräsentiert die Hauptmacht der NATO? Die US-Außenpolitik spielt hervorragend auf diesem Klavier der kleinen Zeichen in der Diplomatie. "Keinen Anlaß zu Affront geben" - das ist europäische Dämlichkeit, während die Amis Pföcke einschlagen. Heimspiel für Powell, eins zu null.

- Selbstenteierung der Parlamentarier, beim Kommissionsunwesen (der Kanzler stellt die Kommissionen zusammen, die Ausschüsse des Parlaments zum selben Thema werden vom Parlament bestückt) oder bei z.B. den Fragestunden. Die Funktion derselben ist die Kontrolle der Regierung durch die Öffentlichkeit.
Eine fraktionsübergreifende Kontrolle der Regierung wohlgemerkt: es liegt im Interese des GESAMTEN VOLKES, dass die Regierung genau und klar, präzis und vollständig Auskunft z.B. darüber gibt, ob und wie sie sich an den Art 20,3 des GG hält. Schaut man sich die Unverschämtheiten Wagners, Kolbows und Müllers zu diesen Fragen an in der wichtigsten Frage eines Volkes (Krieg und Frieden), stehen einem die Haare zu Berge, dass das gesamte Parlament nicht aufsteht und die Regierung zur Ordnung ruft.

- Sitzordnung: was für ein Parlament, das es zuläßt, dass seine Mitglieder so behandelt werden:  Mittlerweile soll es Möllemann als Fraktionslosen genau so getroffen haben. Jeden kann es so treffen, der mit seiner Fraktion nicht mitspielt bzw. keine hat. Sie sehen hier ein Bild von zwei frei und direkt gewählten Abgeordneten des deutschen Volkes, des Souveräns, bei der Ausübung des Mandats. Die Frechheit der Thierseleute ist unglaublich. 

Die Essenz bei einer Wagner-Antwort ist: die Bundeswehr befasse sich mit Sicherung von Sandhaufen und Baggern in Ramstein. Da hätte er gleich sagen können, die Soldaten dort spielen Halma, in den AWACS kellnern sie nur, in den Fuchs-Spürpanzern wird Wein gekeltert. 

In der Nichtbefassung mit der AWACS - Frage kam zum Ausdruck, wie selbstzerstörerisch dieser Bundestag handelt. In gewisser Weise ähnelt er darin der UNO-Vollversammlung, die ebenfalls keine Initiative gegenüber dem Sicherheitsrat ergreift.

Die subalterne Haltung der "Willigen" hervorzukitzeln, die Spreu vom Weizen zu trennen und Klarheit zu schaffen, gelang dem Powell-Ministerium übrigen s auch in einer weitgehend unbemerkt gebliebenen Angelegenheit: diverse Staaten wurden aufgefordert, irakisches Botschaftspersonal als "persona non grata".auszuweisen, vor Kriegsbeginn, als angebliche Spione. Damit wurde der Irak übrigens auch recht mundtot gemacht, ein angenehmer Nebeneffekt. Deutschland war flugs dabei, die Russen machten nicht mit.

Die Chinesen protestierten bei den USA als den laut Völkerrecht Verantwortlichen, als ihre Botschaft in Bagdad geplündert wurde. Und Fischer und Co. in Bezug auf die Plünderung der deutschen Botschaft? Es sind unsere Steuergelder, die dort vernichtet wurden. Was taten das deutsche Außen- und das Kultusministerium angesichts der Plünderungen des Irakmuseums und der Museen und Bibliotheken und Grabungsstellen des Irak?
Was taten sie im Vorfeld des Kriegs zur Sicherung dieses Erbes der Menschheit? Protestierten sie bei der teilweisen Vernichtung dieses Weltkulturerbes? Es ist auch UNSERE Kultur - die ersten Schriftzeichen auf Tontäfelchen, die Gesetze des Hammurabi von Babylon. Gefördert durch unsere Steuergelder, die in die UNESCO fliessen.
Vielleicht deswegen? Ein Gesetzbuch kann doch aus der Sicht mancher Leute nicht schützenswert sein ....

die Liste ist unendlich ...

(c) Andreas Hauß, April 2003, www.medienanalyse-international.de