Aktuelle Stunde (kompletter Text unter www.bundestag.de auffindbar)
O-Ton-Auszüge                                                                    Kommentar
Deutscher Bundestag, 16. Februar 2001

Ich rufe Zusatzpunkt 5 auf:
Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der PDS
Haltung der Bundesregierung zu aktuellen Berichten über die Gründe zum Eintritt in den Kosovo-Krieg

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Als nächster Redner hat Kollege Christian Schmidt von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Ich sage ganz klar: Wenn heute die gleiche Entscheidung anstünde, würden wir wieder zustimmen, weil es eine völlig falsche Vorstellung ist, die mancher Journalist haben mag, es wäre so, dass ein singuläres Ereignis eine lang andauernde Entwicklung allein ausmache und die schwerwiegende Entscheidung, die auch dieses Parlament getroffen hat, tragen würde.
Deswegen kommt es auf das, was der finnische Untersuchungsbericht über Racak aussagt, nicht im Detail an, obwohl – das müssen Sie sich schon anhören, Herr Gysi – dieser Untersuchungsbericht nicht als Zeuge dafür in Anspruch genommen werden kann, dass friedliebende Serben von bösen Albanern verkleidet dort hingelegt worden wären. Wir wissen sehr genau, dass viele Dinge nicht mehr aufgeklärt werden können.

Es ist schon faszinierend, was die Ausschnitte aus dieser Bundestagsdebatte offenbaren: Deswegen kommt es auf das, was der finnische Untersuchungsbericht über Racak aussagt, nicht im Detail an.
Der Versuch, uns heute zu unterstellen, wir hätten ... an Einzelereignissen wie zum Beispiel Racak, festgemacht, geht absolut ins Leere.
Es ist Unsinn, zu behaupten ,... Racak sei der einzige wesentliche Auslöser des NATO-Einsatzes gewesen.
Sie wissen es, sie merken es: Das angebliche Racakmassaker ist nicht mehr zu halten. So werden Auffanglinien der Argumentation aufgebaut. Vgl dazu, wie Ludger Volmer analysierte (im offiziellen Kriegsbegründungsdokument der Grünen vom 26. 3. 99): "Doch dann kam das Massaker von Radcak. Das Hinschlachten von Zivilisten durch die Serben erforderte eine deutliche Reaktion des Westens. ... Der Waffenstillstand war faktisch zu Ende. Es war absehbar, daß weitere Massaker folgen würden. Absehbar war auch, daß angesichts der Fernsehbilder der Ruf, die Politik müsse endlich "etwas" tun, sie müsse "handeln" - beides Synonyme für militärische Intervention - immer lauter würde. Es war zu erwarten, daß die Politik den CNN-Bildern nicht auf Dauer hätte widerstehen können. Der rot-grünen Regierung wäre von allen Seiten Versagen, Feigheit, Unmoral vorgeworfen worden. Besser war nicht nur deshalb eine sofortige Reaktion."

Angelika Beer (B90/ Die Grünen): Der Versuch, uns heute zu unterstellen, wir hätten die Entscheidung zum NATO-Einsatz, eine Entscheidung in einer so zentralen Frage, nämlich ob sich Deutschland an einem Krieg beteiligt oder nicht, an Einzelereignissen wie zum Beispiel Racak, festgemacht, geht absolut ins Leere.
Sie wird sich mal mit Volmer kurzschließen müssen über die zentrale Rolle von Racak in der grünen Argumentation, auch gäbe es einige Millionen Zeitungsseiten aus dem Jahre 99 zu vernichten und neu zu drucken, Videobänder mit neuem Ton zu unterlegen usw..
Dieter Schloten, SPD: Es ist Unsinn, zu behaupten – Kollege Braun hat bereits darauf hingewiesen –, Racak sei der einzige wesentliche Auslöser des NATO-Einsatzes gewesen. Im Gegenteil:Das Blutbad von Racak hat zu verstärkten Anstrengungen bei den Verhandlungen in Rambouillet geführt, die leider nicht zum Ziele geführt haben. (Peter Zumkley [SPD]: Richtig!)
Was Sie gegen die Annahme eines Massenmordes ins Feld führen können, ist, dass die Ergebnisse der finnischen Untersuchungskommission eine Massenhinrichtung von Zivilisten nicht eindeutig belegen können. Aber ebenso wenig belegen sie das Gegenteil.
(Wolfgang Gehrcke [PDS]: Eben! Ich habe es auch nicht behauptet! Aber Herr Scharping hat behauptet, dass es belegt ist! Ich weiß es nicht!)
Herr Gehrcke, Tatsache ist doch, dass in Racak 45 albanische Opfer zu beklagen gewesen sind.
(Peter Zumkley [SPD]: Richtig!)
Ist es da so entscheidend, ob all diese Menschen aus dem Ort selbst stammten oder auch aus anderen Dörfern, ob einzelne UCK-Kämpfer unter ihnen waren oder nicht? Fakten gibt es genug. Herr Lippelt hat den entsprechenden Bericht dargestellt. Ich brauche darauf nicht weiter einzugehen.... Selbst wenn Racak falsch interpretiert worden ist und manches andere Bild dazu, ein falsches Bild – das tun auch mehrere falsche Bilder nicht –
(Dr. Ilja Seifert [PDS]: Gefälschte, nicht nur falsche!)
ändert nichts an der grundsätzlichen Berechtigung des NATO-Einsatzes im Kosovo.
Was ist denn da passiert?
"Das Blutbad von Racak hat zu verstärkten Anstrengungen bei den Verhandlungen in Rambouillet geführt" Ein Massaker ist zu einem Blutbad mutiert. Was ja niemand bestreitet, denn die Leichen dort waren wirklich tot. Es ging immer nur darum, ob es ein Massaker, also ein Großverbrechen, oder eben Gefechtstote mit Terroristen waren.
Ist es da so entscheidend, ob all diese Menschen aus dem Ort selbst stammten oder auch aus anderen Dörfern- und ob! Wenn es darum geht, ein Massaker vorzutäuschen durch das Zusammensammeln von Leichen.
Selbst wenn Racak falsch interpretiert worden ist und manches andere Bild dazu, ...
ändert nichts an der grundsätzlichen Berechtigung des NATO-Einsatzes im Kosovo.
Nicht? Woraus leitete sich die angebliche  grundsätzlichen Berechtigung denn ab wenn nicht von von angeblichen Massakern, von angeblicher Vertreibung, von angeblichem Völkermord? Kaum werden die wichtigsten davon (Racak und Rugovo) als Fälschungen entlarvt, ducken sich die Kriegsbefürworter weg und sprechen von Grundsätzen und Berechtigung. Grundsätzlich ist Angriffskrieg verboten, und also gibt es auch kein Recht dazu.
Hildebrecht Braun, FDP: Ich bin auch der Meinung, dass wir jede Frage, die in dem Beitrag von "Monitor" angesprochen wurde, sehr präzise werden klären müssen. Es sind Fragen aufgeworfen worden, die wir vorher nicht gestellt haben und diese
Fragen werden von den zuständigen Ministerien – auch vom Außenministerium – im Einzelnen geklärt werden müssen. Keine Frage!... Wollen wir uns bitte daran erinnern: Am 15. Januar 1999 geschahen die Vorfälle in Racak, am 29. Januar in Rugovo, am 6. Februar begannen die Verhandlungen in Rambouillet und erst sechs Wochen danach begann der Angriff auf das serbische Jugoslawien. Das heißt, diese Bilder – selbst wenn sie falsch gewesen wären – waren nicht ursächlich dafür, dass der Deutsche Bundestag sagte: Wir müssen aus Verantwortung für die Menschen
im Kosovo handeln.
Es sind Fragen aufgeworfen worden, die wir vorher nicht gestellt haben na das ist doch schonmal was. Nur WARUM haben die MdBs die Fragen nicht gestellt? Obwohl doch - und sie selbst zeigt die Zeitspanne auf! - Zeit genug war, bevor man Bomben warf?
Und die Einlassung erst sechs Wochen danach begann der Angriff auf das serbische Jugoslawien ist so daneben, neben der eigentlichen Sprachregelung, daß zu merken ist, wie durcheinander die Kriegsbefürworter nach dem WDR-Film waren.
1. war es doch angeblich kein "Angriff" (sonst müßte ja der Generalbundesanwalt ermitteln!)
2. doch auch nicht auf das serbische Jugoslawien sondern nur gegen den Diktator Milosevic
Schröder hatte es uns doch noch eingebleut: "wir führen keinen Krieg gegen das jugoslawische Volk"...
Ulrich Adam für die CDU/CSU-Fraktion.
(Nach vielen pro NATO-Worten:
Hier geht es aber auch um konkrete Aussagen von Minister Scharping, die er zu Beginn und im Verlauf des Kosovo-Krieges gemacht hat. Diese erfordern doch eine erhebliche Aufklärung, Herr Scharping. Ich erwarte von Ihnen, aber auch von Ihnen, Herr Minister Fischer, eine Antwort auf die erhobenen  orwürfe. Hierzu müssen Sie Stellung beziehen. So geht es mir zum Beispiel um den Beweis der Existenz des bereits mehrfach angesprochenen Hufeisenplans. Um es deutlich zu sagen: Unsere Entscheidung zur Beteiligung an der humanitären Aktion der NATO war richtig. Sie war notwendig. Daran ändern auch die Diskussionen über die Existenz oder Nichtexistenz des Hufeisenplanes nichts. Trotzdem fordere ich Sie eindringlich auf, hier Klarheit zu schaffen und die offenen Fragen zu beantworten. Haben Sie die Öffentlichkeit und uns falsch informiert oder Tatsachen verfälscht?
(Peter Zumkley [SPD]: Jetzt fängt er auch schon an!)
Herr Scharping, sollten Sie den Beweis hier nicht öffentlich darlegen können, so denke ich doch, dass Sie zumindest den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses mögliche existierende Geheimpapiere vorlegen müssten.
(Peter Zumkley [SPD]: Der vergaloppiert sich!)
Unsere Entscheidung ... war richtig. Warum?
Sie war notwendig.Warum?
Daran ändern auch die Diskussionen über die Existenz oder Nichtexistenz des Hufeisenplanes nichts.Warum? Bisher war es die Systematik der Vertreibung, die damit belegt werden sollte.
Trotzdem fordere ich Sie eindringlich auf, hier Klarheit zu schaffen und die offenen Fragen zu beantworten.Warum denn? Wenn doch angeblich irgendwelche (welche eigentlich?) anderen Gründe als Massaker und systematische Vertreibungen den Krieg begründeten?
Haben Sie die Öffentlichkeit und uns falsch informiert oder Tatsachen verfälscht?Nana, Scharping wird doch nicht fälschen, sowas sagt man doch nicht! Und wenn die Fehlinformation und gefälschte Fakten NICHT der Grund für Ihr Abstimmungverhalten war, sehr geehrter Herr MdB Adam - was für Informationen und welche Fakten hatten Sie dann?

Ist es nicht schick, wie zappelig der Zumkley wird?

(c) Andreas Hauß Mai 2001 http://www.medienanalyse-international.de