Musik als Verblödungsinstrument
Musik wird störend oft empfunden, zumal sie mit Geräusch verbunden - W.Busch
 
  
Das Ohr ist das Tor zur Seele.

Wer schläft, sieht zwar nichts - hört aber dennoch.
Das Ohr ist ganztägig geöffnet.
Die Augen lassen sich schließen - das Ohr nicht.
Die Augen wählen aus. Sie schauen auch nicht nach hinten. Das Ohr hat einen 360-Grad-Radius.
Der Blick eröffnet uns die Welt - das Ohr eröffnet unser Innerstes der Welt.
Schon vorgeburtlich werden wir durch den Hörsinn geprägt.
Das Ohr ist somit sogar physisch und nicht nur bildlich der Eingang zu unserem Innersten.
Das Wort "Lärm" stammt wie das Wort "Alarm" von " a las armas" oder "à l`armes" ab, also vom Schlachtruf "zu den Waffen!".
Wir lassen uns über das Ohr wecken, nicht durch Lichtblitze.
Was die Dauerbeschallung unserer Seele antut, soll hier untersucht werden.
Was sagt uns das "unze, unze, unze, unze, umpf, umpf, umpf, umpf - unze unze unze unze"?
Warum ähnelt es so sehr den Kriegstrommeln vergangener Zeiten? Der Vergleich sei übertrieben? Warum kennt dann der Volksmund diese Begriffe des "auf den Nerven herumtrommeln", oder besser noch: einpauken? Eine Standpauke halten. Pauker. Es geht um Wissen und Haltungen, die nicht so recht ins Hirn hineinpaßten. Dann wird mit rhythmischer Paukerei, und das durchaus recht unfriedlich und -freundlich, diese Haltung, dieses Wissen eingebimst und verfestigt.

Der Rhythmus zählt. Wenn dieser ab frühester Jugend das Musikerlebnis prägt, sind Erscheinungen wie Techno oder inhaltslose MUZAK in Aufzügen und insbesondere Einkaufszentren kein Wunder mehr.

Zur Profitmaximierung bewußt eingesetzt, wird mit Musik systematisch verblödet, und die Fortschritte dabei sind ablesbar. Früher war Musik ein seltenes, selbst hergestelltes oder gegen Geld auf Jahrmärkten etc. teuer erkauftes Vergnügen. Heute wird man davon, ebenso wie mit Informationen, zugeschüttet, und der Effekt ist der Gleiche: ohne Raster/Wissen/Bewußtheit verblödest Du. Nicht nur Dein Intellekt wird durch die angebliche Informationsflut, sondern auch Dein seelisches Gleichgewicht wird durch die Musikschwemme zugenagelt.

Zur Verdeutlichung ein anderes Land:
Brasilien, bekanntlich Land des Fußballs und des Sambas. Der Körperkult ist auf der Spitze. Wie macht man alle Brasilianer/Innen traurig?
Man verbiete am Tag der Parlaments-/Präsidentschaftswahlen und am Tag davor
a) den Alkoholausschank und
b) das öffentliche Musikspielen.
Die Menschen sind wie gelähmt. Sonst wird Tag und Nacht an allen Orten so laut wie möglich gedudelt, die Radiolautsprecher bis über die Schmerzgrenze hochgefahren - und jetzt diese unerträgliche Stille!

Wer weiß, wie Schlafentzug auf Klostermönche (stündliches Gebet), Folteropfer, Soldaten usw. wirkt, weiß auch, welche Macht er durch die Bedröhnung des Volkes hat. Wenn dann noch die Rhythmen und Texte genutzt werden, erhält die Musik (besser: MUZAK) eine gesellschaftliche Relevanz, die in Brasilien wahlentscheidend wirkt, die aber bei uns in Deutschland nicht untersucht, diskutiert und bewußtgemacht wird. Beim Fernsehen werden jetzt nach -zig Jahren des Leugnens doch gesellschaftliche Auswirkungen eingestanden - aber noch nicht bei der Musik.
Ja wird denn zur Steigerung des Kaufrausches die Musik etwa nicht bewußt eingesetzt? Ohrwümer säuseln sich süßlich in unsere Stimmung hinein und beeinflussen sie. Musiker/theoretiker des 20.Jahrhunderts - von Eisler bis Casals - würden sich im Grab herumdrehen, würden sie so ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt sehen.
Und was tut die deutsche Öffentlichkeit?
Sie pflegt mit Hunderten von Millionen eine untergehende Restkultur in den Theatern, läßt dabei aber die Schulmusik verkommen. Die Musical"kultur" wird zur "Hohen Kunst" hochstilisiert - und ist dabei nichts als ein Eventgeschäft, während kaum ein Kind mehr Noten lesen kann. Mit dem Kauf ausgerechnet einer Blockflöte (kein Wunder, daß Onkel/Tante sich bald nichts mehr vorspielen lassen wollen- mit Auswirkungen auf die Musikliebe des Kindes) wird das Gewissen beruhigt: das Kind erhält doch eine Musikerziehung!?  Was am selben Tag im Radio läuft, was die Disco bietet, wird weder zur Kenntnis genommen noch beeinflußt oder zumindest ausgeschaltet.

Halt, hören wir jetzt Einige sagen:
wir sollen uns gegen diese Massenphänomene stellen?
Wie soll denn das gehen?
Außerdem sehen Sie das alles doch viel zu krass!

Dazu einige Anmerkungen:
- Frage Deinen Ohrenarzt, wie es bei Deinem Kind aussieht+ob er statistische Erkenntnisse hat
- Frage die Pharmaindustrie, wieweit heute schon Schüler/Innen mittels Psychopharmaka ruhiggestellt  werden.
- Frage Dich selbst, wieweit Du Dir Zeit zur Entwicklung eigener Gedanken klaust, indem Du auf dem  Weg zur Arbeit, im Auto, auf der Arbeit selbst undundund das Radio laufen hast.
An jedem  Bahnhofskiosk gibt es die Zeitschrift Horizont zu kaufen, die Bildzeitung der deutschen  Werbewirtschaft. Da findest Du regelmäßig die neusten Einschaltquoten, Hörgewohnheiten  usw. der Deutschen aufgeschlüsselt für die weitere Bearbeitung.
Frage Dich nun selbst, wieweit das alles "natürlich" und "unabänderlich" ist.
Stell` Dir doch nur einfach  einmal vor, es würde in denselben Mengen, in denen man heute bedudelt wird, Bach und  Beethoven, anspruchsvoller Jazz, Gitarrensoli, Opernarien etc. in den Kaufhäusern, Aufzügen,  Radioprogrammen gespielt.
 

Man müßte in Konzerthäuser mit DM 50,- Eintritt gehen, um  MUZAK von Moik bis Techno zu hören. Das gäbe eine schöne Revolution! Heissa:  Depressionen wie in Brasilien, Aufstände, Selbstmorde - ein lustiges Ringelreihen!
Es würde deutlich werden, wie sehr die Musik heute zur Droge geworden ist.
Frage Dich und Deine Freunde, was Ihr an Musik im Allgemeinen mögt. Normalerweise, d.h. meistens, sind es Rhythmus  und Melodie. Damit sind Klassik und Jazz größtenteils ausgeschaltet. Auch Weltmusik, Folk -  halt alles, was neue Eindrücke vermittelt, zum Mitdenken zwingt, Aufmerksamkeit erfordert.  Schubidubidu ist angesagt, wetten?
Nein, wir wissen kein Rezept (außer Knöpfchendrücken und Oropax). Wer Griegs "Peer Gynt" und Natalie Imbruglia schon mal mit einem Stampfebeat unterlegt gehört hat, weiß, was wir meinen. Ein Hit wie "Where do you go?" wurde an einem ruhigen Sonntagmorgen bei Produzent Frank Farian ausgedacht. Die gesamte Musikunterlegung der Melodie kam später hinzu, die Interpreten kamen hinzu, die gesamte Produktion: später.
Und das Wichtigste ist heute dabei: das Video. Ohne Spitzenvideo läuft gar nichts. Produktionskosten: ab 1 Mio DM pro 3 Minuten-Clip. Ohne diese Ausgaben: keine Rotation bei Viva, MTV usw., d.h. kein mehrmaliges Abspielen pro Tag. Hier werden "Gefühle" am laufenden Band produziert - und sind Gold wert. Um Musik als Sprache geht es dabei nur am Rande. In der Audiovision (Videos) liegt die Zukunft, und die Sprache liegt im Gesamteindruck.
Schicke Kleidung, hübsche Menschen, 
Stampfe - Rhythmus.
Schicke Uniformen, junge Kerls.
Marschmusik ...

Jeder kennt den Begriff der "angenehmen Telefonstimme". Danach werden immerhin bestimmte Jobs vergeben. Das Kriterium der Stimme gilt aber auch für andere Jobs, die nicht mit dem Verkauf von Waren oder Serviceleistungen zusammenhängen. Beim "Verkaufen" von Nachrichten wird nicht nur auf das Aussehen der Korrespondenten geachtet. Die "richtige" politische Gesinnung vorausgesetzt sowie (natürlich) gewisse handwerkliche Fähigkeiten - wird nun auch die Stimme zum Kriterium im Job. Die Zeiten sind vorbei, die wir noch von alten Wochenschauaufnahmen vor, im, aber auch nach dem 2. Weltkrieg kennen: schnarrende preußische Befehlsstimmen mit rollendem "r". Politische Größen wie Hitler oder Goebbels, aber auch Schumacher sind uns so im Ohr geblieben. Dieser Sprechmodus des lauten Klirrens dürfte auch den schlechten Mikrofonen und der mangelnden Saalbeschallung von damals geschuldet sein. Wir hören derartige Sprecherstimmen heute nicht mehr. Sie würden sofort als "Propaganda" erkannt und gewertet. Mikrofon- und Aufnahmetechnik erlauben heute die schönste Modulation, dem Anlaß angemessen. Getragenes, leises Säuseln des Korrespondenten bei der Übertragung z.B. eines Gottesdienstes (man will diesen ja nicht stören ...) - aber auch Schreien, während im Bild hinter dem Reporter die Jets starten. Unverwechselbare Stimmen produzieren Stimmung zu den Bildern. Das knarrende Raunen eines Friedhelm Brebeck sägt sich in unser Nervenkostüm und produziert allein schon durch den Ton den Merker "WICHTIG"! Kommt nun noch die Sprechweise hinzu, ergibt sich das Signal der "Oberwichtigkeit". Es kann sich um völlig irrwitzige Betonung und Satzmelodie handeln, aber auch um die Nutzung der Pause - ZWISCHEN den Wörtern. Man spreche einfach mal recht leise, aber gepreßt und prononciert:
"Das  - (Pause) - ist   -  ein -   tragischer  -  Moment. - Wir  - erleben  - hier  -  an  -  der Grenze  -  zu Mazedonien  -  das  -  ganze Elend  -  der albanischen  -  Flüchtlingsmassen."
Ohne besondere Betonung einzelner Wörter. Vielleicht noch ein kleines Schnaufen, Atemgeräusch in fast jeder Pause. Die Gepreßtheit und die Pausen reichen. Zusätzlich zu den Bildern wird mittels Rhythmus Stimmung erzeugt. Man vergleiche diese zudem nur mal mit der Substanz der Information, die in den zwei Sätzen steckt. In dieser Art wurde berichtet, so wird berichtet, und die Assoziation zu Propaganda kommt nicht auf, denn Goebbels sprach ja objektiv ganz anders.

Also nichts gegen den Satz: ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Der stimmt, und über Bildberichterstattung wurde schon viel geschrieben, auch und gerade im Zusammenhang mit Kriegen. Schrift und Ton verblassen deshalb jedoch noch lang nicht ...

(c) Andreas Hauß, Februar 2001
 (c) Andreas Hauß,
http://www.medienanalyse-international.de/ueberblick.html

Im Übrigen bewundere ich Frau Klarsfeld.